wölbe, erzählten tuschelnd, die Hand vor den Mund hal» tend, damit es geheimnisvoller klinge, was sie gehört: Aus dem Morgenland war ein Weißbärtiger mit einer Sklavin und einem Bären gekommen. Vielleicht einer von den Heiligen Drei Königen? Vielleicht waren die übrigen von den Heiden im Morgenland überfallen worden? Die anderen erzählten wieder, ein Zauberer sei 's gewesen. Aus einem türkischen Harem hätte er die Lieblingsfrau eines Sultans geraubt. Drei Augen sollte die Sklavin im Gesicht gehabt haben. Die Sprache sei arabisch. Von Fen« ster zu Fenster, von Tür zu Tür, von Hof zu Hof, beim Wäscheaufhängen, unten an der Steyr, beim Wäsche« scdiwemmen, bei Fleischer, Bäcker, Schuster, Schneider, bei der Putzmacherin — überall sprach man von Jeremias, von Nina und von Bombo. Viele Arbeiter ließen eine Stunde lang die Arbeit ruhen. Jeremias, Bombo und Nina machten die Bewohner von Steyr vergessen, daß dem Meister des Eisens, Leopold Werndl, Wieserfeld 44 ein zweiter Sohn geboren wurde, dem die Geburtshelferin, Madame Anna Barometlerin, das Prädikat „Herr" zuge« sprochen, daß die Gesellen den Knappenruf „Glück auf" nicht in Demut und falscher Dienstfertigkeit, sondern mit froher, frischer Stimme, ja offenen Blickes, dem Meister« söhn zugerufen hatten. Kajetan Gföller wußte nichts von der Geburt des Josef Wemdl. Ihn kümmerte nur die leidige Angelegen« heit der Zigeunerin Nina mit ihrem Bären. Der Polizei^ Soldat hatte nicht viel zu verschenken. Einen kargen Sold heimste er monatlich ein. Trotzdem griff er in die Hosen« tasche, zog ein paar Kupfermünzen heraus und drückte sie Nina in die Hand: „Nimm und geh' zum Teufel", sagte er dazu. Kajetan Gföller spielte den Wohltäter. Er war nicht dumm, der gute Kajetan. Er wußte: wo kein Kläger ist, da gibt es auch keinen Richter. Niemand, nicht 2 Kernmayr, Werndl
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