Geheimnis — ganz Wien weiß es, daß ich eine gefallene Größe bin. Was läßt mir das Hofmarschallamt melden?" Konrad stand kerzengerade, ein Soldat in Zivil. „Sein« Majestät der Kaiser hat die Audienz gnädigst bewilligt. Morgen früh um halb sechs Uhr in Schönbrunn." Die beiden Freunde hatten allen Grund, sich einen guten Tag in der kaiserlichen Haupt= und Residenzstadt Wien zu erlauben. Sie fühlten sich unter den vielen Men» sehen in der Großstadt wohl. Zuerst unternahmen sie eine Fiakerfahrt nach dem kaiserlichen Schloß Schön« brunn. Weiß strahlte der Prunkbau, die Gloriette. In Mauer, einem kleinen Dorf außerhalb Schönbrunn, in der Langegasse sieben bei einem Weinbauern, steckte der grüne Buschen an der Haustüre, ein Zeichen, daß der alte und neue Wein aus gläsernen Hebern ausgeschenkt wurde. Die Wirtin, eine dralle Person, ließ es sich nicht zweimal sagen, einigen jungen Hähnen den Hals durch« zuschneiden, diesen die Federn zu rupfen, sie in heißem Fett mit Semmelbrösel gewälzt herauszubacken. Im Schatten eines Kastanienbaumes schmeckte Wein und Essen be« sonders gut. Im Theater sahen sie am Abend Raimunds „Alpen« könig und Menschenfeind", ein tiefsinniges Unterhai« tungsspiel. Schön endete der Tag, ein gelungener Tag, ein aussichtsreicher Tag. Dr. Kompaß und Josef Werndl fuh« ren am nächsten Morgen nach Steyr zurück. Finanzminister Freiherr von Bruck stand wie befoh« len am nächsten Morgen um halb sechs Uhr früh im Vor« räum zum Arbeitszimmer Seiner Apostolischen Majestät. Der Kaiser von Österreich und König von Ungarn, Franz Josef der Erste, war ein Frühaufsteher. Um fünf Uhr saß er schon am Schreibtich, an seiner langen schwarzen Viiv
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