Leopold Werndl und sein Sohn

Steyr, der Zustrom der Fremden nach Steyr? Was wuß« ten diese trockenen Büroseelen von den großen Plänen Josef Werndls, der für Steyr neue Geschäftsverbindungen durch die Eisenbahn erschließen wollte? Ob der kom» mende Finanzminister für eine Eisenbahn in Steyr Inteiv esse haben würde? Man müßte vorsichtig handeln. Ab:« warten hieß die Parole in Österreich. Abwarten, ob sich der gewaltige Chef, Freiherr von Bruck, hält, ob er nicht doch im Sumpfe der Denunziation ertrinkt. — — Die hohen und niederen Beamten im Finanzministe# rium glaubten an die Ehrlichkeit ihres Chefs. Sie wußten, daß seine Hände nie Bestechungen annahmen, wußten, daß er selbst über ein gewichtiges Privatvermögen ver# fügte und die Stellung und Würde eines Finanzministers nur dem Staate und seinem Kaiser zuliebe übernommen hatte. Aber — wer sich der Feinde nicht erwehren kann, bleibt der Schwächere. Die Beamten auf der höchsten und untersten Stufe ihrer Karriere sind auf die Gnade und das Wohlwollen ihres höchsten Vorgesetzten angewiesen. Wenn es Freiherm von Bruck gelang, sich durch den Wust von Verleumdungen durchzukämpfen, dann wür# den seine Untergebenen ihm dienen, ihre Rücken vor ihm wieder beugen wie zuvor! Freiherr von Bruck drückte mit herzlichen Worten den beiden Männern aus Steyr die Hände und begleitete sie zur Türe: „Bleiben Sie auf Ihrem Weg, er wird be# stimmt zum Ziele führen. Glauben Sie an Ihren Sieg!" An der Tapetentür linker Seite wurde leise dreimal geklopft. „Treten Sie ein, Konrad!" Der Finanzminister ging zur Tür. Es< war sein Privatsekretär, ein Mann mit guten Augen, an die vierzig Jahre, gewählt, aber einfach gekleidet. Vor seinem Herrn sich verneigend, verharrte er in Erwartung. „Sie können ruhig sprechen. Es ist kein

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