ihre Arbeit verrichteten. Ein hoher weißer Kachelofen aus der Zeit Maria Theresias stand hilflos in dem schmuck« losen Raum, genau so hilflos wie die Schreiberlinge, die den Tag mit Tratsch und Klatsch verbrachten, ihre Nasen mit Schnupftabak stopften, durch verschmierte Augen= gläser starrten, die Fett« und. Kaffeeflecke an ihrer Klei« dung nicht sahen, jahraus, jahrein standen, schrieben, klatschten, warteten, bis sie dreißig oder fünfuniddreißig Jahre abgedient und mit einer kleinen Pension in das Privatleben zurückgeschickt wurden. Freiherr von Bruck, ein Mann von, zweiundsechzig Jahren, stand in gerader Haltung vor seinem Schreibtisch. Ihm genügte ein kurzer Blick, die Besucher abzuschätzen. Er ging den Eintretenden einige Schritte entgegen. Hoch« gewachsen, schlank, mit breiten Schultern, graumeliertem Haar, jede Bewegung vornehm, jeder Zoll ein Herr, so stand Österreichs Finanzminister vor den Bittstellern aus Steyr. Schwere seidene Vorhänge an den hohen Fenstern ließen kein Tageslicht in den Raum. Kerzenlicht flackerte unruhig. In diesem weiträumigen Zimmer, mit den ver« goldeten Ornamenten an Decken und Wänden, trjifen sich die Großen des internationalen Geldmarktes, kamen die Bankiers aus allen Staaten. Der Finanzminister Österreichs stand ohne Makel, ein Mann mit reinem Gewissen. Ihm bedeutete das Dienen am Staate oberstes Gesetz. Klar, nicht aufdringlich, nicht belehrend, klang seine Stimme. „Meine Herren, es ist mir eine große Ehre, Sie in meinem Hause begrüßen zu düp« fen. Ich weiß, Sie kämpfen gegen die Kurzsichtigkeit ge« wisser Bürger und Stände. Ich kenne das Projekt Ihres Eisenbahnbaues. Es ist schön, daß es in unserem Vater« land noch Männer gibt, die nicht nur produzieren, um zu
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