Leopold Werndl und sein Sohn

folgerten sie: Wenn das Gerücht wahr ist, würde Freiherr von Bruck nicht mehr in Amt und W^^ürde sein. Das Finanzministerium, ein herrlicher alter Bau aus der prachtliebenden Zeit des Prinzen Eugen, grau in grau, als seien die vergangenen Jahrhunderte spurlosi daran vor» beigegangen, nahm die beiden Bittsteller aus Steyr auf. Der Geruch von Akten, jahrhundertelang eingenistet, die Menschen, sich in Aussehen, Kleidung, Haartracht einan» der ähnelnd, ob jung ob alt, gleichermaßen verstaubt und ohne eigene Meinung, die Türen, eine wie die andere, hoch und braun gestrichen, mit blitzenden Messingklin» ken; alles schien angetan, keine Hoffnung, keine Freude aufkommen zu lassen. Einem Grabgewölbe glich das Zimmer des ersten Amtsdieners, der strengen Blickes Dr. Kompaß und Josef Werndl von Kopf bis Fuß mu» Sterte, nach Namen, Stand und Woher fragte, das Schrei» ben, das die Besucher hieher bat, genauestens und miß» trauisch prüfte. Josef Wemdl lächelte, griff in die Tasche, zog die mit Silberfäden gestickte Geldbörse, ein Geschenk seiner Karoline, ließ die Goldstücke darin klingen und schimmern. Dr. Kompaß, ängstlich im Glauben, wenn Wemdl den Amtsdiener mit einem Trinkgeld besteche, könne dieser beleidigt sein, hielt seine Hand hindernd auf des Freundes Geldbörse. Aber der lachte laut: „(Laß mich doch wohltätig sein." Er spürte sofort, der Amts» diener war dem Trinkgeld nicht abhold. Er dienerte, ver» beugte sich, sodaß es den Anschein hatte, seine Nasen» spitze berühre den Fußboden. Josef Werndl dachte nicht daran, den trinkgeldgierigen Diener zu bestechen. Gold» stücke klimpem angenehm. Der Amtsdiener führte die Herren aus Steyr über die polierte Steinplatte in ein lang» gestrecktes Vorzimmer, in dem Schreiber, magere und dicke, große imd kleine, in langen Fräcken an Stehpulten

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