Leopold Werndl und sein Sohn

ter gegenüber. Der tabakscbnupfende und dem "Weine zu^ getane "Vater Haindl ließ seinem Empfinden freien Lauf: „Ich red' immer wie mir's um's Herz ist. Wenn meine Frau so schlecht aufgelegt war' wie die deine, ich glaube, ich hätt' sie in der ersten Woche schon zu ihrer Mutter zurückgeschickt. Aber was soll ich dir sagen? Fehler haben alle Weiber, alle Männer und die Karolin' nicht weniger als die anderen. Rechthaberisch ist sie, das hat sie von der Mutter. Du warst halt verliebt und hast immer nachgegeben." Frau Katharina Haindl mußte sich viel von ihrer Tochter anhören, so tun, als glaube sie wirklich, Karo» line sei unglücklich. Mit Kopfschütteln vernahm sie, daß sich ihre Tochter ganz dem Herrgott und der Kirche ver» schrieben hätte. Dem heiligen Judas Thaddäus habe sie eine neuntägige Novene versprochen. Die Mutter sah mit Besorgnis, daß Karoline stark im Banne ihres Beichtvai« ters stand. Der Untreue, der Karoline ihren Gatten be« zichtigte, fehlte jede Grundlage. Viele Frauen und Mädw chen, ob jung oder alt, bewunderten ihn, lachten ihm ins Gesicht, freuten sich seiner Anrede, hätten ihm gern Liet= besworte, ja Liebe gegeben. Er achtete ihrer wenig. Für Bittende hatte Josef eine offene Hand. Er war sehr frei» gebig. An Festtagen beschenkte er seine Arbeiter und An» gestellten. Mit den gleichaltrigen Schulfreunden wußte Josef wenig anzufangen, sie konnten ihm nichts sagen. Wenn er einen Freund, einen Ratgeber gebraucht hätte — er stand allein! Gevatter Tod hatte in den letzten Jahren reiche Ernte gehalten. Der Erstgeborene, Leopold Werndl, Doktor der Rechtswissenschaften, war achtundzwanzigjährig verstor» ben. Auch der Wundarzt und kaiserliche Rat Furkstaller legte sich hin, um nicht mehr aufzustehen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2