Leopold Werndl und sein Sohn

Gold und Edelsteine für steyrisches Eisens und Stahlzeug. Ein junges Mädchen, schön wie ein Sonnentag, fremd im Wesen, die Haare blauschwarz, die Wangen wachse bleich, ging im gelben Wollkleid, trotz des Schnees, der auf den Höhen der Berge lag, barfuß durch die engen Gassen Steyrs. An einer eisernen Kette führte sie einen zottigen, braunen Bären. Die Fremde wußte nicht, wohin sie sich wenden sollte. Sie kam vom Armeleutespittel. Dort war ihr Beschützer, den sie Vater rief, der sie von Kinds heit auf begleitete, ihr das Essen gegeben hatte), auf eine Strohschütte gelegt worden. Er stand nimmer auf. Das Mädchen verlor ihren Begleiter, ihren Beschützer. Zur Stunde, als die Sonne vom Himmel drängte, verstarb Jeremias, der Bärenführer, von dem niemand wußte, weis chen Eigennamen er trug, wieviel Jahre er zählte. Jeremias gab seinen Geist auf, ohne den Strahl des neuen Tages gesehen zu haben. Die Bresthaften, Kranken, tuschelten im Armeleutespittel: ,,Er hat die Fest gehabt, die Cholera oder gar den Aussatzl Wer war der Tote?" Die hohe Obrigkeit wurde verständigt. Der ehemalige Soldat, ders zeit Stadtwächter, Kajetan Gföller — seine Uniform zeigte mehr Schmutzflecken alsi Reinheit — fragte, die Hand ges wichtig auf seinen messingbeschlagenen Säbel stützend, die Fremde: „Wer bist du?" Das Mädchen besaß kein Auiss weispapier. Kajetan Gföller zeigte auf den Verstorbenen: ,,Ist das dein Vater?" Die Fremde schüttelte verneinend den Kopf. „Wer bist du, schwarze Hexe?" fragte erneut der Stadtpolizist ärgerlich. „Nina". Nur das Wort kam über ihre Lippen. ,,Wieso heißt du Nina?" Die Fremde schüttelte abermals den Kopf. Kajetan Gföller zwirbelte die Enden seines weißgrauen, grünlich schimmernden struppigen Schnauzbartes. Nina setzte sich auf die Stein« stiege, die zur Einlaßpforte des Spitteis führte und sann vor sich hin. Weit fort waren ihre Gedanken.

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