Leopold Werndl und sein Sohn

schenkt. Vater und Mutter liebten das auf den Namen Josef getaufte imd mit dem landesüblichen Namen „Pepi" gerufene Kind abgöttisch. Dem jimgen Vater gefiel sein Sprößling vom ersten Tag der Gebiurt an. Jeden freien Abend verbrachte er an der Wiege seines Kindes. Frau Karoline, durch die überstandene Geburt müde, war auf den Sohn eifersüchtig. Warum bekam der Kleine alle Liebe des Vaters? Karoline wäre gern mit ihrem schmuk« ken Gemahl Einladungen zu Festlichkeiten, zum Tanzen gefolgt. Josef festete, tanzte und lachte gern, wenn er freie Zeit hatte. Die Arbeit in der Kettenhuberschleife jedoch verbot dies. Nachts, bei KerzenHcht, studierte Josef die Bücher des 'Landsmannes Professor Redtenbacher. Wäh« rend Karoline guter Hoffnung war, konnte sie sich nicht viel in der Öffentlichkeit zeigen. So erheischte es die Sitte auf dem Lande und an kleinen Plätzen. Der Todesfall im Hause Wieserfeld Nr. 44 bedingte ein volles Trauer« jähr, bedingte, sich schwarz zu kleiden, nicht zu tanzen, nicht zu singen. Wenn Josef zur Arbeit ging, nahm er die Mahnimg seiner Frau mit auf den Weg: „Komm bald nach Hause." Kam er nach Hause, studierte er in seinen Büchern, befaßte sich mit seinem Sohn. Karoline rügte: „Für alles hast du Zeit, nur für mich nicht!" Die Haindl « Eltern versuchten, die Tochter zu er« ziehen. Eine Ehe sei kein Turteltaubenleben. Es half nicht viel. Die junge Frau wollte Mittelpunkt sein, wollte über Josefs Arbeit, über seiner Zeit, über seinem Kind stehen. Josef war kein Mann, dem Stöhnen oder Jammern impo« nierte, er schluckte die bösen Worte, die er sagen wollte und dachte sich, es wird schon besser werden. Karoline hatte nie den Wunsch geäußert, die neu aufgestellte Ma« schine zu besichtigen, ihren Gatten nie gefragt, was ihn bedrückte, wenn er sorgenschwer nach Hause kam. Den« 10 Kernmayr, WerndJ 145

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