tient klagte über Ohnmachtsanfälle, Ohrensausen, Schwin« del, Durst, der ihn quälte. Der Tod setzte oft schon nach zwölf bis vierundzwanzig Stunden ein. Die Ärzte Purkstaller und Moser, der akademische Doktor Hölzler, sie waren einer Meinung. Rettung gab es für .Leopold Werndl nicht. Purkstaller flößte dem Pa» tienten abwechselnd eiskalten Champagner und glühend heißen, schwarzen Kaffee ein. Doktor Hölzler spritzte Äther ein. Dennoch versuchte man alles, um Leopold Werndl dem Gevatter Tod zu entreißen. Der fieber«« glühende Körper wurde in Schneewasser getaucht, in heiße Leintücher gewickelt, heiße Ziegel an die Füße gelegt. Ein Diener Gottes aus der Sankt Michael « Kirche mußte gerufen werden. Der hochbetagte und geistliche Rat Himmelreich, der bei jedem frohen Änlaß gern das Haus Werndl besuchte, eilte mit dem heiligen Öl, mit der letzten Wegzehrung, der Hostie, zum Wieserfeld Nr. 44. Ein strenger Dezembertag war es, Pfarrer und Mes=> ner, beide in warme Mäntel gehüllt, stapften durch die finstere Straße. Männer und Frauen knieten hinter den erleuchteten Fenstern vor dem Ällerheiligsten, vor der Hostie. Vater Leopold W^emdl war kein Freund der Kir== ehe, aber ein gläubiger Mann sein Leben lang. Zum Steiv ben bereit, ließ er des Priesters letzte Ölung, Gebete, Beichte und Äbsolution über sich ergehen. Mit den Worten: „Der Vater stirbt!" wurden die Kinder aus dem Schlummer geweckt. Erschrocken, Träf' nen in den Äugen, verschlafen, frierend, knieten die jun< gen Menschen auf dem steinernen Boden, Josef neben seiner Mutter an der Tür zixm Sterbezimmer. Doch er konnte kein Gebet finden. Warum — warum muß Vater von uns gehen?, dachte er. Das winzig kleine Versehglöcklein klang durch das
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