gegen die Körperkälte. Die Haut am Körper zog sich zu# sammen. Die Waden krümmten sich in Krämpfen. Zwi# sehen den Fingern riß die Haut, trocken, spröde. Sekun# denlang blieb der Fulsschlag weg. — Der Wundarzt Moser schlug vor, dem dürstenden Patienten, der keine Flüssigkeit zu sich nehmen durfte, mit einer Hühnerfeder kaltes Eiweiß auf die Lippen zu streichen. Die Hühnerfeder zupfte der Doktor aus einem Gesteck von Mutter Werndls bestem Hut. Rauchende Hölzer und Pulver wurden im Hause entzündet. In alle Gänge, Zimmer, Kammern biß sich der Rauch ein. Der Stadtphysikus, ein langes, dürres, ängstliches Ge# schöpf Gottes, wollte die PoHzisten aufmarschieren lassen, mit diesen die Verbreitung der Cholera aufzuhalten. Er verbot allen, Frau Josefa und Werndls Kindern, damit auch Josef und Leopold — letzterer war zum Doktor juris in Wien promoviert, in der Nähe des Sterbenden zu sein. Ein mit Essig getränktes Taschentuch vor den Mund haltend, tänzelte der Stadtphysikus von einem Zimmer ins andere. Die Ärzte Purkstaller und Moser musterte er mißtrauisch, verlangte kraft seiner Amtsgewalt, daß ein akademisch graduierter Arzt zugezogen werde. Doktor Severin Hölzler, Freund des Hauses Werndl, kam sofort und stellte die Diagnose: Asiatische Cholera. Diese furchtbare Krankheit hatte ihre Heimat in Ost# indien, im Gebiet zwischen Ganges und Brahmaputra. Von Indien verbreitete sie sich zunächst über Sumatra, China, Philippinen, Java. Durch Schiffsverkehr wurde sie nach Astrachan verschleppt, von dort über das Kaspische Meer. Sie drang im Tal der Wolga aufwärts nach Moskau, südwärts nach der Türkei, Griechenland, Polen, Ungarn und Österreich. Kein Lebensalter, kein Geschlecht, keine Konstitution schien immun gegen Ansteckung. Der Pa#
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