Leopold Werndl und sein Sohn

Italien und Ungarn waren pazifiziert, das österreichische Heer frei verfügbar, die Nationalgarden aufgehoben. Das Miinisterium blieb nur dem Kaiser verantwortlich. Aufhebung der Reichsverfassung und Schwurgerichte. Alle Karabiner, Stutzen, Gewehre der Nationah garde mußten abgeliefert werden. Handel und Gewerbe litt, die Handelsgeschäfte stockten. In der Krim bereitet sich ein Krieg vor . . . Karoline und Josef saßen an der Fensterbank, hatten keine Augen für den frischgebackenen, mit Rosinen be« spickten Gugelhupf, zeigten keinen Appetit auf die duf# tende Milchschokolade, die im alten Biedermeier«Geschirr vor ihnen stand. Josef bewunderte seine Braut: „Schön bist d', Lintscherl, so schön bist halt word'n." Karoline fragte prüfenden Blickes ihren Geliebten: ,,Bist mir auch immer treu geblieben, Josef? Hat dir keine Indianerin den Kopf verdreht?" Es gab imendlich viel zu erzählen. Josef zog das Samtetui aus der Tasche: „Das hätt ich bald vergessen", begann er, „hier ist das Geschenk, was ich dir mitge« bracht habe — ein Glücksring — Mohrenkopf und Ele» fantenhaar bringen Glück." Karoline betrachtete lange den Ring, dann ließ sie ihn sich an den Finger stecken. „Ich habe keine Minute ohne dich gelebt, Josef. Immer bist du bei mir gewesen." Sie streichelte mit der ringgeschmückten Hand Josefs Stirn. Vater Haindl war über seiner Zeitung längst einge»= schlafen. Die Verlobung der Kinder wurde still, doch geziemend gefeiert. Leopold Werndl und der Messerschmied Anton Haindl unterhielten sich über die beginnenden schlecht

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