Leopold Werndl und sein Sohn

Schön, und lieblich stand die barocke Stadt Steyr vor Josefs Augen. Häuser, Plätze, Kirchen, Gassen, Werk« Stätten kamen auf ihn zu und begrüßten ihn. Warum hatte der Tag und die Nacht zweimal zwölf Stunden? Warum schienen tausend Meilen so weit zu erwandern? Auf den Bauernhöfen gab es manche Arbeit. Die Mädchen, ge« sund, jung, fröhlich, blond, braun und schwarzhaarig laut und übermütig, sie kümmerten den Heimwärtsziehenden nicht. Karohne allein hatte von seiner Seele Besitz ergrif« fen. Ob die Briefe, die er seinen Eltern und Karoline nach Hause geschickt, seine Heimkehr zu künden, angekom« men waren? Ob Mutter Josefa schon wußte, daß er auf dem Wege zu ihr war? Viele Gedanken bedrängten ihn zu jeder Stunde. Ob Vater Werndl noch so strenge sein würde, oder ob er für seines Sohnös Maschinenpläne end« lieh Verständnis würde aufbringen können? Josefs Herz schlug höher, wenn er an Steyr, an 'seine Lieben dachte. Keine Müdigkeit spürte er, als er über die Straße eilte, an blühenden Wiesen vorbei. In den Himmel ragende Pappeln säumten den Wegesrand. Ein Wanderspruch er« zählte einmal, es gäbe weibliche und männliche Pappeln. Wenn etwa in Frankreich eine weibliche Pappel auf einer Straße stehend einginge, stürbe die männliche Pappel auf der Straße gegen Steyr, bei Sankt Florian. Ob das stimmte? Aus Obst und Brot bestand die Nahrung des Wandernden. Im Fluß oder im Teich nahm Josef ein Bad als Erfrischung. Sonne, Mond, Sterne, Wolken, Re« gen und Wind konnten bezeugen, daß Josef nur den einen brennenden Wunsch hatte, schnell nach Steyr, schnell zu den Eltern, zu seiner Liebsten zu kommen. Auf der Welt gab es immer einen Anfang und ein Ende, auch Schnek« ken würden einmal an ihr Ziel gelangen. Josef Werndl traf abends in 'seiner Vaterstadt Steyr

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