Leopold Werndl und sein Sohn

Mutter Werndl fühlte, alles Draufgängerische, Über« schwengliche. Großzügige, alles vom Herzen«Kommende hatte ihr Sohn aus ihrem eigenen Blut mitbekommen. Deshalb mußte Frau Josefa stets an der Seite Josefs ste« hen, zu jeder Stunde, zu jeder Zeit. „Schau, Bub, bist halt noch recht jung. Ein bisserl schnell bist mit deinen Entschlüssen. Verheiratetsein verlangt mehr als Verliebt« sein. Ein langes Leben ist's, das man mit einer Frau ver« bringen muß. Hast dir das alles überlegt?" „Ob ich mir's überlegt hab', das weiß ich nicht, aber gern hab' ich die Lintscherl, sie ist für mich die Beste, die Richtigste. Bitt' schön, hilf mir, hilf mirl" Mutter Josefa wünschte ihrem Sohn eine gute Frau. Sie wußte aber, für ihn würde es schwer sein, die Rechte zu finden. Josef war unstet. „Kannst du einer Frau treu bleiben?" fragte sie den Sohn. Der wollte schwören, aber die Mutter hielt ihm mit der Hand den Mund zu. „Lügen soll man nicht beschwören! Die größte Liebe vergeht, aber die Ehe bleibt." Mutter Werndl versprach, den Vater zu bitten, daß er mit Karoline Haindl einverstanden sei. Mit fraulicher List ging Frau Josefa zu Werke. Es stimmte, meinte sie, Josef sei noch sehr jung, aber sein Denken — überhaupt sei er reifer als andere Burschen in seinem Alter. Es wäre nicht schlecht, wenn Josef heira« ten würde. Eine Frau vermöchte mit einem Manne viel anzufangen, und die HaindhKaroline sei ja vier Jahre älter als Josef. Sie könne den Buben schon richtig führen. Vater Werndl hörte seiner Frau ruhig zu, unter« brach sie nicht, nahm die abgearbeitete Hand seiner Jo« sefa, streichelte sie und zog diese Hand nah zu sich. Dann blickte er sich um, ob niemand im Zimmer sei und drückte einen herzhaften Kuß darauf. „So eine Frau wie du bist, soll der Josef kriegen! Glaub mir, Josefa, ich

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