so wurden alle Geburtshelferinnen gerufen, ein altes Mut* terchen, hatte nicht weniger als viertausend Kindern zur Welt verhelfen. Gütig blickten ihre Augen, mild strahlten ihre Züge, ehrbar weiß ischimmerte das Haar, gebückt war der Körper, doch leicht der Schritt. Madame Barometlerin eilte durch die engen Gassen zum Haus der Kindlmutter. Sie kam noch früh genug, um Töpfe voll heißen Wassers und große Leinentücher herzurichten. Frau Josefa Werndl, die Wöchnerin, lag mit glühend heißen Wangen in weiße Daunenkissen gebettet, nach der nicht schweren Geburt. Ein lauter Schrei — und der Zweitgeborene aus der Familie Leopold und Josefa Werndl, ein Bub, viereinhalb Kilogramm schwer, lag krebsrot auf dem Linnen. Madame Barometlerin staunte: ,,Ein schöner Brocken!" — Mancher Schlag fiel auf Rücken und Hinterteil des Neugeborenen, bis der kleine Erdensohn sich entschloß, zu melden, daß er angekommen sei. Das nackte Menschenkindlein brach in ein Geschrei aus, als wollte es weit übers Wieserfeld kundtun: „Hört, ich bin angekommen!" In einen weiß aus^ geschlagenen geflochtenen Weidenkorb wurde das junge Leben gelegt. Der Kindsvater Leopold Werndl, braun war sein Haar und der Bart, kräftig die Gestalt, nervig die Arme, schaffte in der Werkstätte. Auf seiner Stirne stand zu lesen: Ich bin ein Dickschädel. Ich halte ein, was ich von altersher übernommen habe. Bleibt mir weit weg mit Neu= erungen. Ich heiße Leopold Werndl! Ich will nur das tun, was ich für gut halte. Leopold Wemdl, bürgerlicher Bohrerschmiedmeister, Besitzer einer Armaturen«Werkstätte, konnte achtundvier« zig Stunden Eisen schlagen, Stahl biegen, ohne Schlaf oder Müdigkeit zu spüren, konnte am Amboß, am Schraub« stock, an der Feueresse stehen, ohne aufgeregt zu sein. Am Tage aber, da seine geliebte Frau, die ehrsame Meisterin
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