„Vaterländische Reise von Grätz über Eisenerz nach Steyr“

16 großen und prächtigen Tempels zu erhabenen Empfindungen gestimmt. Nach den ersten Eindrücken, welche das Ganze desselben auf mich machte, ging meine Aufmerksamkeit auf die Teile über. Man rühmtemir die Altarblätter als vorzüglicheWerke der Kunst; sie sind die Arbeit eines italienischen Meisters und alle von derselben Hand. Ihre Zeichnung ist edel und das Licht gut verteilt; allein der Künstler scheint zu viel gemalt und sich zu sehr seiner Manier überlassen zu haben. Mehr als die Ge- mälde beschäftigten mein Auge die Tapeten, mit welchen die Wände und Pfeiler der Kirche behangen waren; niederländische Arbeit, von ho- hemWert. Es sind darauf biblische Geschichten mit bewunderungswür- diger Täuschung dargestellt. — In einer Nebenkapelle befindet sich das Mausoleum der fürstlich Auerspergischen Familie. Das Bild auf demMit- telaltar daselbst ist ein schönes Nachtstück, worin aber das Licht viel- leicht zu grell auffällt. Ein prächtiges Grabmal zur Linken stellt einen Sarg vor, worauf der Fürst, im Harnisch liegend, zu einem entgegenstehen- den Kruzifix betet; ein Engel erhöht ihm das Haupt. Zwischen diesen bei- den Seitenpartien strebt über den Körper eine Pyramide empor, auf de- ren Spitze der Phönix aus seiner Asche verjüngt hervorgeht. In der hal- ben Höhe ist ein Medaillon mit allegorischem Basrelief aufgehängt. Über einem Begräbnis zur anderen Seite steht der Verstorbene aufrecht und betet himmelan. Das Grabmal Ottokars II., dessen Gebeine in Gars- ten ruhen, fand ich nicht; ich hätte es wegen seines Alters gerne gese- hen. Dieser Markgraf von Steyr wird für den zweiten Stifter betrachtet; er umschuf im Jahre 1107 die Chorherren, die sein Vater Ottokar I. 1082 hierhergestellt hatte, zu Benediktinermönchen, von welchem Orden er einige Glieder aus dem Kloster Göttweig berief. Man müsste die Welt nicht kennen, wennman die Vorwürfe, welche den Chorherren über das Ärgernis, das sie durch ihren Wandel gaben, gemacht wurden, für unbe- gründet halten wollte: aber wer bedauert die armen Männer nicht, wenn er in der Geschichte liest, dass diejenigen aus ihnen, die sich wei- gerten, unter einemneuangekommenenmönchischen Prior alsMönche zu leben, an Säulen gebunden und mit Ruten zur Einwilligung gepeitscht wurden. — Welch ein Jahrhundert war dies, wird man ausrufen, wo zu

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