gefaßte Kapazität des Werkes und die sich anbahnenden internationalen Verbindungen, die die Bedeutung und die Leistung Unseres Landes, unserer Stadt weit über die Grenzen hin austragen werden . . . Die Kommissionierung des Gebäudekomplexes — lediglich mehr oder weniger als formale Angelegenheit betrachtet — war zur vollen Zufriedenheit der Behörde ausgefallen. In den ersten Wochen der Betriebsaufnahme, noch arbeiteten die Pressen und Werkzeug maschinen nicht in vollem Einsatz, war der Lärm erträglich. Allmählich aber machte sich das ständige, niemals abbrechende Gestampfe der Pressen, das Gekreisch der Metallfräsen mehr und mehr bemerkbar. Dazu kam die An- und Abfahrt — auch nachts — der Lastwa gen, die Material heran- oder Fertigteile weg zur Verladung brachten, sodaß die ständige Unruhe, nur bisweilen abschwellend, niemals aufhörte und oft die Grenzen des Erträgli chen überschritt. Mehrmalige Vorsprachen der umliegenden Hausgemeinschaften bei der Werksleitung wur den unter Hinweis auf die Anfangsschwierigkeiten der Organisation abgetan, die Wortfüh rer, ohne behördlichen Rückhalt, wurden mit leeren Worten vertröstet. Gerüchte, daß bei den Kommissionierungen den zuständigen Amtsorganen erhebliche Ver säumnisse, insbesondere Amtsorganen erhebliche Versäumnisse, insbesondere in Beachtung der Lärmbelästigung, unterlaufen wären, wurden zwar eifrig kolportiert, klarerweise aber konnte ein Versäumnis in dieser Richtung nicht bewiesen werden. Die Behörden schwiegen dazu, und die zwei Zeitungen am Ort, trotz ihrer vorgeblichen Unabhängigkeit weitgehend politisch gefärbt, hüteten sich, von den seinerzeitigen, anläßlich der Eröffnungsfeier über schwenglich vorgebrachten Erwartungen Abstriche zu machen. Nach Verlauf mehrerer Monate ohnmächtigen Zuwartens und der vagen Hoffnung auf eine Änderung, eine Besserung, der unzumutbaren Belästigung, erreichte Frau Katharina Mähdler mit anderen Hausangehörigen, es handelte sich durchwegs um ältere Menschen, über ih ren behandelnden Nervenarzt ein Attest, demnach sie infolge der ständigen Unruhe und des Lärms als gesundheitlich geschädigt anzusehen sei. Ähnlich lautende Bestätigungen erhielt eine Reihe anderer Mitbewohner, die sich, durchaus nicht in querulatorischer Absicht, an ihre Ärzte gewandt hatten. Einer der Ärzte hatte sich tatsächlich selbst überzeugt und sich in äußerst scharfem Ton geäußert. Von wem letztlich der Gedanke ausging, sich der Hilfe eines Rechtsanwaltes zu versichern, um Abhilfe zu erreichen, nachdem Eingaben an das zuständige Amt der Gemeindeverwal tung unter Beilage der ärztlichen Atteste wirkungslos geblieben waren, ließ sich im nach hinein nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Tatsache ist, daß ein junger, ambitionierter Rechtsvertreter, Dr. Holthaus, der sich eben erst niedergelassen hatte, eine geharnischte Klageschrift verfaßte, daß mehrere Termine an beraumt wurden, ja, daß an einem Freitagnachmittag kurz vor Beendigung der Arbeit auch eine Lärmmessung durchgeführt wurde. Da über das Wochenende nur die unumgänglichsten Gußvorgänge gewartet, Pressen und Hämmer aber nicht betrieben wurden, ergab sich eine unterhalb der störenden Lärmschwelle stehende Phonzahl. Obwohl der Rechtsanwalt auf die Unzulässigkeit und mangelnde Beweiskraft einer derartigen Untersuchung verwies, wur de ein weiteres Vorgehen immer wieder verschleppt, da der Rechtsbeistand der Firma mit allen nur möglichen Argumenten konterte und belegen konnte, daß die behördlichen Kom missionierungen ohne irgendwelche Auflagen die Betriebsbewilligung erteilt hätten und daß außerdem in diesem Fall, so wenigstens wurde berichtet, die Beschaffung und Erhaltung der Arbeitsplätze angesichts der angespannten Wirtschaftslage das höhere Rechtsgut sei. Es scheint verständlich, daß unter den obwaltenden Umständen, die offiziellen Stellen verharr ten in Schweigen, auch die publizistischen Organe sich eine gewisse Selbstzensur in dieser Affäre auferlegten, zumal die Tagesereignisse, wie Verkehrsunfälle, Schulprobleme und der gleichen, überreichlich Gelegenheit boten, die Gemüter in ständiger mehr oder weniger sanfter Wallung zu halten. 82
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