Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

»Ich bitte aber, daß mein Name nicht genannt wird!« Die Hitler-Zelt in Oberösterreich Dr. Siegwald Ganglmair „K. S. ist kirchlich eingestellt und mit dem Ortsbauernführer und dem Ortsgruppenleiter aus persönlichen Gründen verfeindet. Gelegentlich versucht er sich auch, an beiden zu rei ben. So hat er im November 1941 einmal, als die beiden, der Zeuge F. St. und der Zeuge F. V., in der Nähe seines Hofes standen, mit lauter Stimme auf sein Gespann Pinzgauer Kühe eingeredet und die Schimpfworte 'Ihr zwei braunen Krüppel'gehraucht, offensicht lich dabei aber nicht die Kühe, sondern die beiden .Zeugengemeint". (Aus einem Gerichts urteil) „Ich kann mich genau darauf besinnen, daß P. am 20.5.40 aus seinem Fenster zu mir her übergerufen hat: 'Deutschland verrecke!' Er hat außerdem dabei ausgespuckt. Ich glaube kaum, daß ich mich verhört habe, es kann aber möglich sein, daß er eine andere Äußerung getan hat, die ich dann als 'Deutschland verrecke' aufgefaßt habe." (Aus einer Zeugen aussage) Vorbemerkung Im Herbst 1982 wird die Dokumentation „Widerstand und Verfolgung in Oberösterreich 1934 - 1945" erscheinen; Herausgeber ist das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), das mit diesem zweibändigen Werk eine weitere Lücke eines Projek tes schließt, das alle österreichischen Bundesländer umfassen wird. Diese Dokumentation wurde, das sei zur Klarstellung noch erwähnt, von einer Kommission erstellt, der hauptsächlich Oberösterreicher angehören bzw. Fachleute, die mit Oberöster reich einschlägig zu tun hatten, u.a. mit Historikern der Universitäten Wien, Linz und Salz burg, mit Archivbeamten und Kirchengeschichtlern in Linz usw. Der Verfasser des folgen den Artikels, Mitarbeiter des DÖW und selbst Oberösterreicher, hatte in Wien die Aufgabe der Redaktion und Koordination über, übernahm aber auch einen Großteil der Sichtung von Archivbeständen. Der vorliegende Artikel hat mit einer systematischen Darstellung von Widerstand und Ver folgung während der NS-Zeit in Oberösterreich wenig zu tun. Vielmehr soll er den Hinter grund einer zwei Jahre dauernden Beschäftigung mit Dokumenten und Archivalien aus leuchten, gleichsam eine Geschichte zur Geschichte von Widerstand und Verfolgung sein. Das Material bezieht sich fast ausschließlich auf Oberösterreich. Die angeschnittenen Pro bleme und Verhaltensweisen haben jedoch zum größten Teil überregionale Bedeutung und sind keineswegs auf dieses Bundesland allein beschränkt. Wenn Manches der grotesken und absurden Geschichten und Bemerkungen heiter klingt, so soll nie übersehen werden, daß für die Betroffenen daran wirklich nichts erheiternd war. Die Anzahl der Verfolgten, der Opfer im Widerstandskampf, war sehr hoch. Mit Absicht wurden die Dokumente ausgiebig zitiert, da sie in ihrer Direktheit der Aussage kaum ersetzt werden können. Das Geschriebene beruht ausnahmslos auf Quellen und Schriften aus der NS-Zeit, die in der Mehrzahl im DÖW vorhanden sind.

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