Ich könnte mich bei einer Frau einschleichen, das heißt, ich könnte ihr vorspielen, niemals Schizophrenie gehabt zu haben, ich müßte die Tabletten halt heimlich nehmen. Und Kin der mit ihr machen. Und auf einmal, mit fünfzehn Jahren,fangen die an durchzudrehen,und meine Frau wundert sich. Aber weißt, das ginge alles. Ich könnte mich tarnen in der Gesell schaft. Als Geisteskranker kann man sich tarnen. Ich kann nicht richtig schimpfen auf die Psychiatrie. Denn einerseits hilft sie mir durch die Medikamente. Aber stell dir vor, das andere würde auch stimmen, daß es positiv wär in der Klinik. Dann wär es gut. Drum kann ich auch nicht richtig schimpfen. Ich kann nicht sagen: Ihr Narren ihrl Weil, es ist ja das Blöde, daß mir die Medikamente helfen. Das geht mir ja selbst nicht ein. Wenn ich vor 300 Jahren gelebt hätte, z.B., na,dann wäre ich verloren, vermutlich. Ich spränge wieder durch's Fenster — oder irgend so eine Aktion. Das sind die Schübe, gelt, da hast dich nimmer unter Kontrolle. Ich hab die Stimmen gehört, jetzt sind wir da und zwicken dir die Hände und die Füße ab, drauf bin ich gesprungen. Das war so ein Angstschub, gelt. Angefangen hat alles in Deutschland. Das ist beim Wohnungsrestaurieren gewesen. Wir sind umgezogen in Stuttgart, von einer größeren in eine kleinere Wohnung. Und da hab ich un heimlich viel Arbeit gekriegt. Das war ein unheimlicher Streß. Da war so viel zu machen, weil wir die Fenster ausgebaut haben, das war so ein schiefes Dach, eine Mansarde. Und da hab ich unheimlich viel gearbeitet, wochenlang. Und dann hab ich die Stimmen gehört. Ich weiß aber noch nicht, ist es durch den Alkohol gekommen oder durch den Streß — ich weiß es nicht. Manchmal bin ich ganz glücklich im Zimmer gewesen, bei mir daheim in Stuttgart, und auf einmal bin ich fortgezogen und hab mich angesoffen, ohne irgendeinen Grund oder was. Das hat meine Freundin auch nicht verstehen können. Da hat es zum Bei spiel gar keine Probleme gegeben. Aber da ist — irgendwie eine falsche Schaltung. Es hat nicht einmal Streit gegeben. Ich hab Geld gehabt und auf einmal bin ich fortgegangen und ich hab mich sinnlos angesoffen. Ja, dann hab ich keine Arbeitsgenehmigung gehabt, zwei Jahre hab ich illegal in Deutsch land gewohnt. Das war so ein Druck. Vielleicht ist das schuld, daß es auf einmal so angefan gen hat. Vielleicht ist es eine Flucht das ganze. Die ich jetzt nicht mehr ausschalten kann, die Flucht. Ich wollt alles verändern, die ganze Erde, Grenzen auflösen. Ich hab zum Beispiel Fotos angeschaut von Auschwitz, wie sie mit der Scheibtruhe die To ten in die Gruben hineinwerfen. So etwas ist mir dann in der Nacht untergekommen. Also, ich hab mir in der Bücherei die Fotos angeschaut. Und in der Nacht, wenn das Licht abge dreht worden ist, hab ich die Toten gesehen. Und ich hab mir gedacht; was kann ich dafür, daß die das gemacht haoen? Ich hab mich irgendwie verantwortlich gefühlt. Und dann ha ben ja die Juden auch mit mir geredet. Die toten Juden, die vergast worden sind. Halt ich jetzt zum Hitler oder zu den Juden? Zu wem sollst halten? Der Hitler wieder ist im Bermu da-Dreieck da unten. Oder im Toten Gebirge, da hat er seinen Stützpunkt. Der Hitler lebt noch, in meinem Wahn. Dann frag ich meinen Betreuer, ob sich das überhaupt noch aus geht, daß der Hitler lebt? Dann sagt der, na ja, es geht sich eigentlich nicht gut aus. Dann sagt der Tut Ench Amun in meinen Halluzinationen: Zellenregenerierung, der Hitler lebt trotzdem noch. Ich hab alles über die Ägypter und die Pharaonen gelesen, aber ich hab nichts verstanden. Ich hab die ganze Bücherei ausgelesen, aber ich hab nichts mitgekriegt. Ich hab alles in mich hineingefressen, aber nichts verstanden. Vielleicht hat da schon etwas angefangen. Und dann hab ich die Stimmen gehört, gelt. Die haben gesagt: Gute Menschen sind am Werk. Und die Stimmen sagten noch: Sofort den Präsidenten benachrichtigen, die Sterne kommen zurück. Die Spiralnebel, das Milchstraßensystem stürzt in sich zusammen. Und ich bin zur Polizei gerannt und kurz vor der Polizei sagten die Stimmen: Halt! Das war nur ein Test! Da hab ich dann gewußt, aha, das ist jetzt der Wahn. Da war ich das erste Mal mit Stimmen konfrontiert. 75
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