Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

sind auch nicht sehr zufrieden damit. H: Es werden Bücher produziert für einen Herbst zum Beispiel, fürs Frühjahr. F: Für eine Saison, ja. Wenn man mit den Vertretern redet, in einer Auslieferung, oder da bei ist, wenn der die Bücher anbietet in den Buchhandlungen, da wird einem ja . . . also da vergeht einem ziemlich alles. Der rasselt da seine Titel runter, ich meine, ich kanns aus sei ner Sicht schon verstehn, der muß ja auch leben, aber das geht beinhart. Nachfrage, Ange bot, Nachfrage. Ich hab die Zahl der Neuerscheinungen vergessen, die im Herbst ausgestellt waren in Frankfurt. Aber vielleicht sinds hundert Bücher, die eine Chance haben, einiger maßen ordentlich besprochen zu werden in wesentlichen Zeitungen, recht viel mehr sinds nicht. H: Wobei die natürlich auch von der Gunst des Rezensenten abhängig sind, beziehungswei se von der Werbekraft des Verlages. F: Der Bereich des Autors ist eigentlich Papier, eine Schreibmaschine und ein Tisch. Das sind die Mittel, die er hat. Und schreiben muß er können, die Sprache muß er beherrschen, ausdrücken muß er sich können. Das kann er bestimmen. Alles was nachher ist, was folgt, kann er kaum noch beeinflussen. Es hat auch keinen Sinn, wenn man dann herumjammert, weil die das schlecht besprochen haben. Das ist schon passiert. Ich sage nicht, daß man sich nicht wehren soll. Aber zunächst haben die immer das letzte Wort. Das ist wie in einer Schule, da geht man her und gibt die Noten. Die Rezensenten geben eben auch ihre Noten. H: Man ist dem ja auch mehr oder weniger, hilflos ausgeliefert. Gegen eine Publikation in einer Zeitung, die sehr viele Leser erreicht, die in den Meinungen sich einnistet, kannst ja nicht viel unternehmen. F: Das kann aber zugleich wieder Ansporn sein. Es wird einem bewußt, welche Mittel die haben und welche Mittel man selber hat. Es gibt genug Beispiele in der Literatur, wo Schreiber das lang durchgehalten haben. H: Die Leute haben trotz negativer Rückmeldungen durchgehalten. F: Nachträglich werden sie dann häufig gefeiert. Jahre später wird so einer entdeckt. Da kommen die Germanisten. Natürlich haben der oder die nichts mehr davon. Die haben Qualen durchstehen müssen. H: Der Autor spürt aber etwas Wesentliches, ein inneres Anliegen, das äußerliche Mißlich keiten übertönt. F; Was immer noch eine Chance hat, das ist das Kreative. Das ist das, was nie .. . da gibt es keine Begriffe dafür, das kann man nicht beschreiben. H: Das nicht Abschätzbare, das sich der Reglementierung entzieht. F: Ja, das entzieht sich. Zunächst aber hat es einmal Schwierigkeiten. Der Teufel dabei ist, daß die Leute, die drüber bestimmen, immer vorgeben, daß sie eine große Schicht der All gemeinheit vertreten. Sie spielen sich als Beschützer auf. Die können das aber nie machen. Ich kann auch nicht hergehen und behaupten, ich kenne alles bestens, ich weiß überall ge nau Bescheid. Das sind eben nur bestimmte Bereiche, wo ich mich besser auskenne. Es gibt aber immer wieder Beispiele, wo die das Kreative nicht unterkriegen. H: Das Kreative ist den Literaturinstitutionen, Vertriebsstellen und Verlagsmechaniken weit voraus. Ein Reich-Ranicki zum Beispiel kann sich damit erst im nachhinein befassen. F: Der wartet zunächst einmal ab. Es gibt Leute, auf die hat er es abgesehen. Das sind sozu sagen seine Gegner. Da wartet er lange, bis der günstige Moment für ihn kommt. Dann schlägt er zu. Ich erinnere mich an das, was er über Handke geschrieben hat. Vor einem Jahr, glaube ich, war das, in der Frankfurter Allgemeinen. Er hat vorher nie selber über Handke geschrieben. Er hat immer nur den anderen gesagt, verreißen Sie dieses Buch oder so. Er hat ihn sich aber schon längst vorgeknöpft gehabt. Er hat aber auch Leute, die er fördert. Ich möchte Reich-Ranicki nicht verteufeln. In diesem Bereich gibt es wenig Leu te, die sich wirklich voll engagieren. Er ist so ein Wahnsinniger. Geht rein und kämpft da 38

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