Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

bin ich ein paar Jahre gegangen, dann habe ich angefangen. Ein Fach, das mich am meisten interessiert hat, war Deutsch und Literatur. Gerade dort hab ich immer die schlechtesten Noten gehabt. In den Aufsätzen ist Sprachliches bemängelt worden. Das war sicher keine Bosheit vom Lehrer. H: Das hat dich nicht gehindert, weiter dran zu arbeiten. F: Ich habe gewußt: der Mensch kann sich verändern. Man kann Fähigkeiten erwerben. Das habe ich abgeleitet von früheren Erfahrungen, von einfachen Dingen. Daraus schloß ich, das Schreiben müßte man auch erlernen können. Das ist auch gegangen, bis zu einem gewissen Moment. Einmal ist mir ein ziemlich läppisches Gedicht eingefallen, aber es war wichtig für mich, weil ich gewußt habe, daß das jetzt von mir ist. Da war ich sehr beruhigt dann, weil ich gemerkt hab, man kann das lernen, man kann, wenn man entsprechend dahinter ist. Es sind sehr viele handwerkliche Dinge dabei. Es hat mich damals sehr interessiert, wer mit welchem Alter zu schreiben angefangen hat. Es hat welche gegeben, die mit 16 schon be gonnen haben. Mit denen habe ich natürlich nichts anfangen können. Aber da waren ande re, die spät angefangen haben. Ich hab gesehen, das ist nicht altersbedingt, das ist dadurch bedingt, wie die Leute gelebt haben. In der Schule sind wir immer gegeißelt worden damit, daß Talent angeboren sein müßte. Das behaupten nach wie vor sehr viele. Ich bestreite nicht, daß es das gibt, aber mich hat es immer sehr geärgert, daß viele die Entwicklungs möglichkeit eines Menschen nicht wahrhaben wollen. Die lassen das nicht zu, wenn es nicht in den geordneten Bahnen verläuft, die vorgesehen sind. Aber grad das ist andererseits eine Chance. Nachher, wenn man es überwunden hat, sind schlechte Lehrer gar keine so dumme Sache. Man muß so viel mehr schauen, daß man selber durchkommt. H: Man ist gedrängt, das eigene Vermögen zu beweisen. F: Ja. Da wird eine Selbständigkeit wach. Man weiß, der Lehrer hat ja nicht recht, ist dem nicht gewachsen. Man muß also selber was machen. H: Das ist der Anreiz zur Arbeit an sich selber, der vielleicht bei reibungslosem Schulver lauf gar nicht so passiert. F: Es gibt Lehrer, die sich sehr bemühen. Es gibt Schüler, die sehr gute Aufsätze schreiben; man läßt denen relativ viel Freiheit, und es wird nichts daraus. Da entsteht eine gewisse Abhängigkeit. Wenn man es anders schafft, wird man viel eigenständiger. Das ist natürlich eine Selbständigkeit, mit der man immer wieder in Schwierigkeiten gerät. Wenn man sich anschaut, wie's heute zugeht, wie Bücher gemacht, Manuskripte angenommen werden bei Verlagen. Es gibt sehr viele Schriftsteller, die sind eigentlich hörig, lassen sich etwas einschwatzen, machen das dann. H; Das heißt, das Buch hat unter Umständen nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Ma nuskript zu tun. F: Das ist schon vorher nichts Ursprüngliches. Der erfüllt mehr oder weniger einen Auftrag. Das paßt dazu. Es werden ja immer Tendenzen kreiert. Die Verlage hinken hinter dem her. Es gibt — ich weiß nicht wieviel — Leute, die schreiben und zunächst einmal versuchen, von sich aus etwas zu beschreiben. Dann, wenns zum Publizieren kommt, fangen sie an zu fra gen. Wie muß ich das jetzt machen, muß ich das jetzt machen wie der oder die, denn die kommen ja an. Wenn man sich eine gewisse Eigenständigkeit erarbeitet hat, wird man da mit immer ein Problem haben, weil das nicht dazupaßt. Die Verlagsleute haben eigentlich keinen Mut. Es gibt unter denen, die in der Literatur bestimmen, nur ganz wenige, die auch was davon verstehen. Man kann Autoren ja auch ruinieren. Wenn man ein bißchen Gespür hat, wird man wissen, mit dem muß man so umgehen. Aber da bestimmen dann Marktme chanismen und was weiß ich alles. Das ist ja unsinnig, den Leuten einzureden, immer schneller ein Buch und wieder ein Buch. Das geht nicht, man kann nicht immer ein tolles Buch schreiben. Es wäre gescheiter, wenn die sagen würde, es ist besser, eine Weile zu pau sieren, laß dir Zeit. Und nicht wieder ein Ding und wieder ein Ding, und die Leut selber 37

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