Interview mit Franz Innerhofer Hans Schusterbauer/Herbst 1981 Franz Innerhofer ist 1944 als Sohn einer Landarbeiterin in Krimml (Salzburg) geboren. Von 1950 bis 1961 lebte er auf dem Hof seines Vaters. Nach einer Schmiedelehre besuchte er ab 1966 das Gymnasium für Berufstätige und studierte anschließend Germanistik und Anglistik an der Universität Salzburg. 1973 erhielt er ein österreichisches Staatsstipendium für Literatur, das ihm ermöglichte, den Roman „Schöne Tage" zu Ende zu schreiben. Für dieses Buch wurde Franz Innerhofer der Bremer Literaturpreis 1975 der Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung zuerkannt. 1975 erschien Innerhofers zweiter Roman „Schattensei te", dem 1977 der Roman „Die großen Wörter" folgte. (Dzt. Arbeit an einem neuen Roman. Lebt nach Aufenthalten in Paris und Italien in Graz.) Hans: Was mich besonders berührt und was mich gedanklich — beim Lesen deiner Bücher — sehr bewegt, das ist die ungeheure Kraft, die du aufbringen hast müssen, um dich zu befreien. Kann man definieren oder umschreiben, wie man zu dieser Kraft kommt, woher man die nimmt, wie man diese Fähigkeit entwickelt, in einer ja eigentlich aussichtslosen Lage, wo einen niemand unterstützt. Franz: Das ist, glaub ich, ein ziemlich langer Prozeß. Ich meine, es kann genausogut schiefgehen. Es hat sehr viele gegeben, die finden sich in dem, was ich geschrieben habe, wieder. Das ist ihre Geschichte genauso. Nur gibt es da irgendwelche Schwellen, es kann auch alles in tota le Depression ausarten, in völlige Ohnmacht. Es haben ja nur wenige das Glück, einigerma ßen rauszukommen. Wenn man schon als Kind viel mitmachen muß, dann fällt einem das leichter. Es gibt eine Kraft, die aus dem kommt — nachträglich. Man weiß eben, ja, das war damals viel schlimmer. Das hat mir wahrscheinlich zu dem langen Durchhalten verholten. Aber es muß nicht sein, daß man deshalb ein Maler, ein Schriftsteller oder ein Filmmacher wird. Das kann das unterstützen, das ist eine Basis von Erfahrungen. Aber daß dabei etwas rauskommt, was dann von allgemeinem Interesse sein kann, das ist auch ... Ich habe ziem lich lange nicht geglaubt, daß da draus was wird, ich habs probiert, heimlich H: Du meinst jetzt konkret das Schreiben. F: Ja. H: Irgendwas muß dich motiviert haben, daß du das Schreiben überhaupt probiert hast. Als Befreiungsmöglichkeit erkannt hast für dich. F: Dem ist Lesen vorangegangen. Ich habe ziemlich viel gelesen. Mich hat sehr fasziniert, wie ich zum erstenmal an Bücher herangekommen bin. Das war mit 17, 18 Jahr, da hab ich plötzlich eine ganz andere Welt entdeckt. Und erst später — ich kann das heute gar nicht mehr genau sagen — das war so eine Art Instinkt glaub ich, daß es mir vorgekommen ist, ja, ich möcht Schriftsteller werden. Da hab ich also angefangen mit Tagebuchaufzeichnun gen. Nur für mich irgendwelche Eindrücke festgehalten. Ich habe natürlich genau gewußt, daß das nichts wert ist. H: Aber es war Übungsmaterial. F: Ja. Übungsmaterial war es. Aber ich habe gewußt, das ist Nachahmung. H: Wann hast du mit derlei Versuchen begonnen. War das in deiner Salzburger Zeit oder schon vorher, in der Lehrzeit? F: Nein. Damals noch nicht. Das war, während ich in die Abendschule gegangen bin. Da 36
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2