Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden. Auch in der Systemzeit, wo er gerne in schwarzen Kreisen verkehrte, zeigte er sich wiederholt bei Anhängern, die früher rot einge stellt waren. Nach dem Umbrüche zeigte sich K. anfangs so, als wenn er für den National sozialismus begeistert wäre, doch kurze Zeit nachher verkehrte er wieder in Kreisen, die früher anderer Gesinnung waren und mehr kommunistisch galten. Einer, der alle gang baren Stufen durchlief, war der Linzer Straßenbahner J. H.: „In politischer Hinsicht gehör te er zur Zeit des Parteienstaates der SPÖ und später der Christlichsozialen Partei an, ohne besonders hervorgetreten zu sein. Noch vor dem Umbruch wendete sich der Angeklagte dem Nationalsozialismus zu". Daß ihn auch dieser nicht vollständig beglückte, beweist der Smonatige Aufenthalt des J. H. im Gefängnis wegen Wehrkraftzersetzung.^" Die besten Beispiele für „politische Chamäleons" aus nächster Umgebung schildert freilich Dr. Alfred Maleta in einem speziellen Bericht für die eingangs erwähnte OberösterreichDokumentation, und zwar je ein Beispiel für Chamäleons, die, unter vaterländischem Deck mantel vor 1938 hochgradig gebräunt, nach sieben braunen Jahren hochgradig schwarz bzw. rot und in beiden Fällen „aufrechte Kämpfer für Demokratie und Freiheit" wur den.^ 1 Hiermit endet die Geschichte, die über weite Strecken eine Geschichte des „inneren Schweinehundes" ist, und zwar nicht die von irgendeiner Bestie vom Kaliber eines Rudolf Höß, des Kommandanten des KZ Auschwitz, sondern hauptsächlich jene des „kleinen Man nes bzw. der kleinen Frau der Straße" Oberösterreichs zwischen 1938 und 1945. Das be schriebene Verhalten, wiewohl es in diesem Ausmaß doch nur in einem System wie in dem jenigen des NS-Staates möglich war, ließe sich in wechselndem Stärkegrad und in anderen Formen sowohl vor 1938 als auch nach 1945 finden. In der Tat, für Beispiele nach 1945 brauchte man gar nicht zu intensiv zu recherchieren: da errichtet der ehemalige Erbauer der Krematorien und Gaskammer von Auschwitz nun Pfarrhöfe, Schulen und Kirchen;^^ da stellt sich in falsch verstandener Loyalität ein beträchtlicher Teil der Einwohnerschaft einer oberösterreichischen Gemeinde samt Pfarrer hinter ihren Bürger, einen ehemaligen SS-Wärter von Mauthausen und Ebensee;^^ da wird ein Innviertier Rechtsanwalt, kein zimperlicher Nationalsozialist, Staatsanwalt bei einer deutschen Entnazifizierungskom mission . . .2"^ 32

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