Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

Durch einen Dolmetsch wurde ihnen erklärt, warum die Hinrichtung erfolgte. Von der Hinrichtung hatte außer den zuständigen Dienststellen niemand Kenntnis erlangt, und ist diese daher ohne jeden Zwischenfall verlaufen. Der Leichnam wurde zwecks Einäscherung nach Mauthausen überführt. Die Hinrichtung selbst nahmen 2 Polen vor, welche ebenfalls bei der Gestapo in Linz inhaftiert sind."^^ Oberösterreicherinnen, die gegen die Wehrkraftschutzverordnung verstießen, konnten unter Umständen mit einem Jahr Konzentrationslager rechnen: „Beabsichtigen die Frauen und Mädchen eines Ortes [laut Landrat des Kreises Gmunden an die Bürgermeister und Gendar men im März 1941], die betreffende Frau vor ihrer Überführung in ein Konzentrationslager öffentlich anzuprangern oder ihr die Haare abzuschneiden, so ist dies polizeilich nicht zu verhindern."2Gerade in Oberösterreich häufen sich derartige, durch kein Gesetz und kei nen Führerbefehl abgedeckte Anprangerungen, in denen wiederum die "Hoheitsträger" der Partei das Gesetz des Handelns an sich rissen, so daß Staatsanwaltschaft und Reichsjustiz ministerium sich mehrmals einschalteten.2 5 |n einem Fall kam es aber zur Verurteilung der Ausführenden einer solchen Anprangerung durch ein Gericht „wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch unbefugte Einschränkung der persönlichen Freiheit. Der Ortsgruppenleiter, einer der Verurteilten, rechtfertigte sein Handeln „mit Rücksicht auf das Verlangen der Bevölkerung und darauf, daß dies an anderen Orten wiederholt ge schehen [sei]." Außerdem habe, laut Mitteilung des Gendarmeriepostens Ampflwang, in dessen Rayon diese Anprangerung gleich zweier Frauen stattfand, der Vorfall bei der Be völkerung "Genugtuung" ausgelöst, „insbesondere deshalb, weil sich französische Kriegs gefangene in der letzten Zeit über deutsche Frauen wegen ihres Verhaltens in abfälliger Weise, so z.B. 'Kittel hinauf, Hose hinunter, geht schon' geäußert haben. Eine der bei den Angeprangerten Ampflwangs bekam hinten und vorn eine Tafel umgehängt mit den Aufschriften: „Wir lieben bis zum letzten Franzosen" und „Ehrlose deutsche Frau". Ampflwangs Ortsgruppenleiter konnte seine Initiative teilweise rechtfertigen, daß er unter öffentlichem Druck gehandelt hatte, denn während der Einvernahme der beiden Frauen „verlangte eine größere Anzahl von Menschen, etwa 30 bis 40 Personen, die sich auf der Straße angesammelt hatte, man solle den beiden Frauen die Haare abschneiden und sie durch den Ort führen". M. St. aus St. Ulrich im Mühlkreis, die ebenfalls dem Liebeswerben eines französischen Kriegsgefangenen erlegen war, verdankte dagegen ihre Zurschaustellung dem Eifer des Ortsgruppenleiters von Neufelden, der auf dem Marktplatz seines Ortes fol gendes Schauspiel in Szene setzte: ,,Nach dem sie [M. St.], mit Tafeln 'Während unsere Brü der und Väter um Deutschlands Freiheit und Ehre kämpfen, küsse und umarme ich Schwein hier Kriegsgefangene' versehen, auf einen Sessel gestellt worden war, schor ihr über Auftrag des Gruppenleiters A. R. die Friseurin M. B. die Haare vollständig ab. Hierbei hielt A. R. eine Ansprache, in welcher er auf das Verwerfliche der Handlungsweise der An geprangerten hinwies. Nach dieser Ansprache wurde M. St. noch einige Zeit durch den Ort geführt und schließlich in das Ortsgefängnis gebracht und der Gendarmerie übergeben. Das Verfahren gegen die für diese Anprangerung verantwortlichen Personen wurde vom Reichsjustizministerium niedergeschlagen. Hinsichtlich des Wetters waren Ampflwangs Frauen eher begünstigt, sie wurden Mitte Sep tember (1942) dem öffentlichen Gespött ausgesetzt, M. St. im rauhen Mühlviertier Klima Mitte November (1941), eine Erkältung holte sich dagegen eine ebenfalls kahlgeschorene Dienstmagd aus Sierning vor dem Fabrikstor der Steyr-Werke im Februar (1940). In der Tat, es war dort an den beiden Tagen der Anprangerung so empfindlich kalt, „daß die Es korte-Mannschaft sich mehrmals ablösen mußte.9 Qje Frau soll nach diesem Vorfall vollkommen gebrochen in ohnmächtigem Zustand von der Polizei übernommen worden sein", schreibt darüber der Generalstaatsanwalt beim OLG Linz an den Reichsjustizmini ster; jener vergaß auch nicht die „Unmutsäußerungen" der Arbeiterschaft des Betriebes zu 25

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