Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

sehen Mädels, eine schändliche Besudelung der Ehre einer jeden deutschen Frau und gehört auch dementsprechend gebrandmarkt. Ich glaube nicht besonders betonen zu müssen, daß ein IBjährlges Kind, gleichgültig welcher Entwicklung, von vornherein nicht In eine Tanz diele gehört, von einer Polln aber schon gar nicht zu reden. Dabei wird diese Polln von allen Anwesenden noch geduldet und von deutschen Mädchen noch dazu freundschaftlich be handelt, anstatt an die frische Luft gesetzt zu werden, ja, deutsche Jungmänner sind so ehr vergessen und schamlos, mit derselben noch zu tanzen, während unsere Mädchen zusehen können. Deutsche Volksgenossen! Das Ist mehr als unverantwortlich, das Ist eine Entehrung, Schmä hung und Schändung aller deutscher Männer und Frauen, das Ist Ehr- und Schamlosigkeit In Reinkultur. Ich schäme mich zutiefst, daß sich ein solcher Fall von Kulturschande am deutschen Volk gerade In meiner Gemeinde zutragen muß. [. ..] Es sollte übrigens gar kei ner Feststellung bedürfen, daß man sich mit Polen und Franzosen nicht gemeinsam zum Essen an einen Tisch setzt, noch viel weniger, daß man sich mit Ihnen anfreundet. [. . .] Wir wollen Ihnen ansonsten keinesfalls etwas zuleide tun, Ihre verdammte Pflicht Ist es aber, zu schaffen und zu arbeiten, um dadurch Sühne zu leisten am deutschen Volk. [...] Denkt auch daran, daß es der Führer durch die NSDAP so von euch zum Nutzen und Ge samtwohl des deutschen Volkes verlangt. Des Führers Wort aber Ist uns Befehl, und er be hält letzten Endes Immer recht."^' Um die Entrüstung dieses Bürgermeisters Im rechten Licht zu sehen, muß man wissen, daß sich dieser Philister bei besagter Tanzveranstaltung um die Gunst des 15jährigen Pfllchtjahrmädels bewarb, dabei aber schmählich abblitzte. Aufgrund dieser Abfuhr erließ er obi gen „Protestaufruf an seine Gemeinde", der — wie es Im Akt heißt — „allgemein belacht und mit Hohn quittiert wurde." Unglücklicherwelse waren die Folgen für die von diesen rassistischen Bestimmungen Be troffenen, sowohl für die Deutschen als auch für die Fremdarbeiter, nicht erheiternd. Hilfe leistung durch Reichsangehörige war In jeder Form verboten. Bauern durften Ihre Fremd arbeiter über den festgelegten Tarif hinaus nicht entlohnen, das Zustecken von Zigaretten, Äpfeln, Schokolade und ähnlichem war verboten, geahndet wurden das Schreiben von Briefen, Austauschen von Fotos, von Zärtlichkelten — und zu guter Letzt der Geschlechts verkehr, d.i. der Verstoß gegen die Wehrkraftschutzverordnung, denn „ein Intimerer Um gang als der des Geschlechtsverkehrs Ist wohl kaum denkbar", „denn ein das gesunde Volksempfinden noch gröblicher verletzender Umgang als mit einem Kriegsgefangenen Ist nicht denkbar", „Sie [die Angeklagte] hat sich mit einem gefangenen Soldaten eines Volkes eingelassen, welches sich zusammen mit den anderen. Feinden die Vernichtung des deut schen Volkes zum Ziele gesetzt hat" - so lauteten die Standardformeln bei der Aburtei lung von „ehr- und würdelosen" Volksgenossen.2» Die Bestrafung der Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter bei Verstößen gegen die Wehrkraftschutzyerordnung war unterschiedlich, ein Erlaß vom Jahr 1942 für polnische Zlvllarbelter stellt fest: „Wer mit einer deutschen Frau oder einem Mann geschlechtlich verkehrt oder sich Ihnen sonst unsittlich nähert, wird mit dem Tode bestraft."21 Derartige Hinrich tungen scheinen besonders 1942 In Oberösterreich an der Tagesordnung gewesen zu sein (z.B. Wartberg ob der Alst, RIedlham, Grieskirchen, Perg, Neumarkt am Hausruck)?2 wo bei wieder einmal Ortsgrößen handelten, ohne gesetzlich abgesichert zu sein. So lautet eine Chronikeintragung des Gendarmerlepostenkommandos Gallspach: „Am 22.12.(1941] wur de In der Umgebung des Bruckhofes, Gemeinde Grieskirchen, ein polnischer ZIvllarbelter wegen geschlechtlichen Mißbrauchs eines deutschen Mädchens durch Erhängen an einem Baum [hingerichtet]." Die Chronik des Gendarmerlepostens Grieskirchen führt diesen Fall näher aus: „32 Nationalpolen, die In der hiesigen Umgebung beschäftigt sind, haben über Auftrag der Gestapo zum abschreckenden Beispiel am Gerichteten vorbeigehen müssen. 24

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