Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

nicht einwandfrei". Es bestehe demnach „die große Gefahr", daß durch eine Vermischung „eine Proletarisierung auf dem Lande herbeigeführt" werde, die für den Gau nicht tragbar sei. Nach Anschauung der Amtsärzte sei der Geschlechtsverkehr zwischen Polen und Ober österreichern „bereits gang und gäbe".^ Laut Bericht des Generalstaatsanwalts von Linz an den Reichsjustizminister vom Juni 1944 würden beispielsweise in den relativ kleinen Land kreisen Wels und Grieskirchen bereits „250 von Ausländerinnen geborene Kinder gemein sam mit deutschen Kindern aufgezogen".^ Eine „Gefährdung deutschen Volkstums", um gleich die Kehrseite dieses Problems anzuschließen, lag jedoch nicht vor, wenn Polen oder Ostarbeiter unter sich blieben, bzw., um dem Wortlaut des Dokuments Genüge zu tun, „wenn Polen untereinander geschlechtliche Unzucht [siel] trieben",denn nach dem Er nährungsminister Walther Darre war sittlich, „was der Arterhaltung des deutschen Volkes förderlich ist", unsittlich, „was dem entgegensteht." So lange „deutsche Belange" nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden, trat die Härte der Gesetze nicht auf den Plan.^ ^ Der Rassenwahn trieb seltsame Blüten. Ostarbeitern war der Besuch von einheimischen Friseurgeschäften nicht gestattet, „da den deutschen Volksgenossen nicht zugemutet wer den kann, sich nach Ostarbeitern in der Körperpflege bedienen zu lassen. Die Parteige nossen hatten auch ihren Stolz: Sie sind empört, daß man Polen in den Landkreisen Wels und Grieskirchen um Spenden für eine (deutsche) Sammlung anpumpte.i ^ Wirte im Land kreis Grieskirchen durften an Juden und Polen „keine Kuchen" abgeben.Strafmildernd erschien dem Sondergericht Linz bei einem Fall von intimem Umgang einer buchenlanddeutschen Umsiedlerin mit einem Kriegsgefangenen die Tatsache, ,,daß die Angeklagte auf grund ihrer Erziehung in ihrer Ehe mit einem Rumänen möglicherweise nicht das Gefühl für die Unerlaubtheit ihrer Handlungsweise hatte wie eine im Reich lebende und erzogene Frau."i 5 Man sollte auch meinen, daß in einem Klima wie im Asozialenlager Weyer, Bezirk Braunau am Inn, in dem alle Insassen gleichermaßen unter dem Terror litten, Rassengegen sätze und Fremdenhaß zum Verschwinden kämen. Dem war aber nicht so: „Besonderen Unwillen soll unter ihnen [den Zivilarbeitern der Wassergenossenschaft Ibm-Waidmoos] der Umstand erregt haben, daß die SA-Wache die Mißhandlung des A. als eines Deutschen durch die beiden Tscbechen geduldet hatte. Blut war für die Nazis ein besonderer Saft! Arier K. M. aus Linz, etwas über 50 Jahre, wollte eine Jüdin heiraten, stieß jedoch auf Schwierigkeiten, obwohl er zeugungsunfähig und sie unfruchtbar war.,,Dadurch fehlen alle Möglichkeiten", schrieb er im Bittgesuch an den Führer, „daß durch die Eingehung der Ehe die Reinheit des deutschen Blutes gefährdet werden könnte."! ^ Oberösterreichs Künstler, so der schon einmal zitierte Bericht, wollten endlich auch einmal figural malen und nicht immer nur Landschaften, und daher spielten sie mangels vorhandener einheimischer Mo delle mit dem Gedanken, Ostarbeiter dazu anzustellen. Laut Bericht scheiterte das Projekt ,,aus arbeitseinsatzmäßigen Gründen", die Annahme liegt freilich nahe, daß es aus rassi schen Gründen undurchführbar war.! s Und an Klarheit, betreffend seine rassistische Einstellung, ist das auszugsweise wiedergege bene Rundschreiben des Bürgermeisters und Ortsgruppenleiters von Altenberg im Mühlvier tel an ,,alle Volksgenossen und Volksgenossinnen" vom Jänner 1941 kaum überbietbar: „Es sei an dieser Stelle auch festgestellt", schreibt dieser Bürgermeister, ,,daß kürzlich ein sonst streng katholischer Bauer sein 15jähriges Pflichtjahrmädel auf den Tanzboden gehen ließ, ihm aber als sogenanntes Aufsichts- und Wacheorgan die gleichfalls bei ihm bedienstete Polin mitgab. Eine Stammesgenossin eines Volkes, welches wir nach wie vor als Feinde betrachten und demnach behandeln, eine Blutszugehörige eines Volkes, welches 58.000 Deutsche als unschuldige Opfer in niederträchtigster und bestialischster Weise hingemordet und abgeschlachtet hat, wird beauftragt, ein deutsches Mädel zu überwachen. Dies glaube ich doch als den überhaupt möglichen Gipfelpunkt der Gemeinheit und Schweinerei be zeichnen zu müssen. Das ist ein Hohn und Spott, ein Faustschlag ins Gesicht jedes deut23

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