schließlich des Widerstandsverhaltens, denn wenn F. L.die hingehaltene Sammelbüchse ig norierte und zwei Schritte hinter dem Sammler zu Boden spuckte^' oder Eltern nach Ent lassung der katholischen Kindergärtnerin ihre Kinder zu Hause ließen,2 6 so waren das Äu ßerungen gegen das Regime. Man soll sich auch die heimtückischen Äußerungen nicht über trieben politisch vorstellen, Götz-Zitat, Witze oder folgende Beispiele sind charakteristisch: „ in Deutschland bekommen alle Gasmasken, nur für die Österreicher können sie keine anschaffen, weil man noch nicht weiß, wie lange die Gesichter werden."^' „Mit den Illegalen und der Volksgemeinschaft kann man sich den Ärsch auswischen. Eine Geschäftsfrau zu einer Kundin, die um Schürzenstoff fragte: „Wir haben keinen! Hät ten sie statt Fahnenstoff einen Schürzenstoff gedruckt, dann hätten wir einen."^^ Schwarzhören, d.i. das verbotene Äbhören ausländischer Sender während des Krieges, spielte sich naturgemäß innerhalb der eigenen vier Wände ab. Was halfen dicke Wände, wenn üblicherweise die Schwarzhörer selbst den ersten Schatten des Verdachtes auf sich lenkten, weil sie in vielen Fällen ihr zusätzliches Wissen nicht für sich behalten konnten. Oft waren die Wohnverhältnisse für Schwarzhören ungünstig. Fr. Hs. Wohnung in Linz war nur durch eine „abgeschlossene Verbindungstür" vom Zimmer des Schwarzhörers getrennt, und als die elfjährige Tochter eines Äbends um 22 Uhr aus dem Nachbarszimmer nicht jene Musik vernahm, die sie auf dem eigenen Radioapparat eingestellt hatte, wurde sie stutzig und erzählte diesen Sachverhalt dem Vater, der „aus eigenem Äntrieb" zur Polizei ging. „Ich fühlte mich daher verpflichtet, die Wahrnehmung meiner Tochter weiterzumelden", gab Fr. H. vor den Ordnungshütern an, was ihm, der schon einmal wegen Diebstahls im Kerker gesessen war, nicht übermäßig schwergefallen sein dürfte, da er — und ein Pferde fuß ist fast in allen diesen Geschichten — mit dem Nachbarn wegen eines durch seine Woh nung führenden Ofenrohrs, eines für ihn nicht akzeptierbaren Sicherheitsrisikos, zerstritten war. So legten sich an einigen Abenden Kriminalbeamte in der Wohnung des Fr. H. auf die Lauer und fielen, wie immer bei diesen Einschleichmanövern, mit der Tür ins Haus, um dem Schwarzhörer die Möglichkeit zu nehmen, sein Gerät noch ab- oder umzustellen.^" Der Auszugsbauer A. H. aus der Gemeinde Pichl bei Wels, der von Hausbewohnern ange schwärzt worden war, hatte außerdem den roten Zettel über das Abhörverbot nicht an seinem Apparat angebracht. „Daraus ist zu schließen [folgerte der Gendarmeriepostenkom mandant in Pichl], daß H. eher staatsfeindlich eingestellt ist und derselbe hauptsächlich nur Fremdsender abhört."^' Solche Schnüffeleien machten auch nicht vor der Schlafzimmertür halt. Mehrmals spielt „der Spalt der Verdunkelungsvorrichtung" oder in der Tür seine Rolle vor Gericht, und aus diesem Spalt lugt fast immer ein bösartiges Weibsbild hervor.^ 2 Auch Frau Th. D. kann man sich gut vorstellen, die, beim Hamstern ohne Glück vom Bauernhof gewiesen, instinkt mäßig um die Hausecke herumging und nochmals bei einem Fenster einen Blick ins Haus innere riskierte und nun Zeuge einer wehrkraftschutzverordnungswidrigen Szene wurde, da der im Hause anwesende Kriegsgefangene „bereits bei der Bäuerin im Bette lag, wobei sie [Frau Th. D.] nicht sehen konnte, ob er entkleidet war oder nicht, da beide zugedeckt wa ren." Diese Peepshow hatte eine Gerichtsverhandlung zur Folge, in der allerdings das Ge richt der Darstellung der Zeugin Th. D. nicht folgen wollte, wonach nämlich zur gleichen Zeit in der Nebenstube die Hausbewohner beim Jausnen gesessen seien. Außerdem, so stellte das Gericht fest — der übliche Pferdefuß! —, sei die Th. D. auf die Angeklagte nicht gut zu sprechen. „Sie und ihr Gatte haben nämlich der Angeklagten 20 kg Fleisch gestoh len und wurden dafür auch zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt."^ ^ Das Wort Fleisch weckt frische Assoziationen. Schweine spielen in der NS-Zeit in vielfälti ger Form eine Rolle; auf "Schwein" reimt sich leicht, z.B. „Dieses Schwein sagt nein"^"^ oder „Nur ein Schwein kauft bei Juden ein" (Aigen im Mühlkreis)^ ^, wobei diese niedrige Denkungsweise in eigenartigem Widerspruch zur "Größe der Zeit" stand. F. H. aus Linz be20
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