Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

„Die Zeugin P. sei möglicherweise gegen ihn feindselig eingestellt, da er kurz zuvor mit de ren Mutter einen Streit hatte, weil er über ihre Wiese gegangen war."^ „Sie ist ein ausgesprochenes Tratschweib, die alles, was sie hört, sofort in der ganzen Ge gend weitererzählt."!" „Aufgrund des durchgeführten Verfahrens ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, daß Th. R. der Angeklagten nicht gut gesinnt ist und diese die ganze Angelegenheit arg aufge bauscht hat, und zwar deshalb, weil die Angeklagte den zu ihrem Bräutigam ausersehenen Bruder der Th. R. hat sitzen lassen, wie es im Volksmund lautet.' Neben den Denunzianten aus Bösartigkeit gab es jene Übereifrigen des Regimes, die das Wohl desselben zu ihrem persönlichen Anliegen gemacht hatten; unter letzteren gab es sol che, die sich „als deutsche Soldaten verpflichtet"' ^ oder „durch die Äußerung über den Führer [persönlich] beleidigt" fühlten und zur Polizei oder Gendarmerie gingen.' •' Zum Wesen des Denunzianten gehören Anonymität und Feigheit und daß dieser eher den indi rekten Weg, also über mehrere Zwischenglieder wählt: „J. G. will in dieser Sache nicht genannt werden. Derselbe ist ein vertrauenswürdiger und rechtschaffener Mann."' „Ich bitte aber, daß mein Name dem 0. nicht genannt wird, weil er sonst gegen mich ge walttätig werden könnte."'' „Ich stelle die Bitte, daß mein Name womöglich nicht zur Kenntnis der Angezeigten ge bracht wird, weil ich eben, wie bereits erwähnt, jeden Verdruß in der Nachbarschaft ver meiden möchte."' „Die A. G. erzählte diesen Vorfall der im gleichen Hause wohnhaften Holzarbeitersgattin H. F., welche durch dieses Gerede beunruhigt war und davon dem Gemeindearzte Dr. F. H. Mitteilung machte. Dr. H. verständigte den SA-Obersturmführer F. G., der durch SA-Leu te den F. St. festnehmen und zur Gendarmerie bringen ließ."' ' „Ich hatte auch gar nicht die Absicht, die Anzeige zu machen, habe aus freundschaftlichen Gefühlen heraus auch keine machen wollen; ich habe aber meinem ehemaligen Dienstgeber und jetzigen Gastgeber K. W. das zwischen mir und dem L. geführte Gespräch erzählt. Dieser sagte mir dann, eine derartige Äußerung staatsfeindlichen Inhaltes könne man un möglich durchgehen lassen, und als ich es ablehnte, die Änzeige zu erstatten, erklärte W., dies daraufhin selbst zu tun."'" Jener zuvor zitierte Mann, der voller Pflichtbewußtsein war und jeden Verdruß in der Nachbarschaft vermeiden wollte, brandmarkte sein Opfer als „ausgesprochenen Staats feind". Welche Argumente für eine solche Etikettierung führte er ins Treffen? Der Schnei dermeister Z., sein Opfer, sei zahlungsunwillig bei öffentlichen Sammlungen, besuche nie Veranstaltungen der Partei, sei verdächtig, bei diversen Störarbeiten Gerüchte weiterzuge ben, außerdem sei er vor 1938 Mitglied und Funktionär der Vaterländischen Front gewe sen. Zu guter Letzt habe er sich, das auslösende Moment für die Anzeige, dem Denunzian ten gegenüber staatsabträglich geäußert.'" E. D. war Besitzer des Schlosses Buchenau, er hielt mit seiner Meinung selten zurück, so daß seine staatsabträglichen Äußerungen die Anzeige zur Folge hatten. Im Zuge der Ermitt lungen erschienen — teilweise unaufgefordert — Leute aus der ümgebung von D. vor der Gestapo Linz und lieferten zusätzlich belastende Argumente, nämlich: die Schweizer SimIsburgerschaft („Herr und Frau D. stammen aus dem Kanton Aargau, aus Wohlen, ein be kanntlich sehr antinationalsozialistisch eingestellter Gau"); häufige Reisen in die Schweiz („Seine Reisen kommen mir insofern verdächtig vor, weil er ständig mit Wenninger und dem Halbjuden Kubasta in Verbindung steht und enge Freundschaft mit ihnen der Besitz eines Radios („D. ist sehr vorsichtig, und ich vermute, daß er die ausländischen Sen der mit Kopfhörer empfängt, so daß es nicht möglich ist, daß die abgehörte Sendung zu mir in die Wohnung dringt, obwohl ich gleich anschließend an den Schloßbesitzer wohne"); 18

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