Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

das Proponentenkomitee an Weiss. Unterstützt wird das Bestreben des Vereines auch durch den Architekturprofessor Hubert Hoffmann aus Graz, der 1974 in einer Untersuchung der Steyrer Altstadt sich für eine Er haltung und Revitalisierung des Wehrgrabens einsetzte. „Nachdem Maßnahmen der Beseiti gung von Wasserflächen als natürliche Elemente im Stadtraum immer deutlicher erkennbar werden als Folgen einer veralteten Ideologie des extremen Nützlichkeitsdenkens, wieder hole ich meinen Protest gegen Landschaftsveränderungen, die lediglich einem Vorteil von Tiefbauunternehmungen oder einer beabsichtigten höheren Ausnutzung von Grundstücken dienen", schrieb er an den Bürgermeister. Hoffmann zählte eine Reihe von Städten auf, die hohe Summen ausgaben, um Wasserflä chen zur Erholung und Verbesserung des Klimas im Stadtraum zu schaffen. Auch Gegen beispiele gibt es, wo das Zuschütten von Wasserläufen von den Veranlassern nach einigen Jahren aber bedauert wird. Der Grazer Professor tritt dafür ein, die Frist zur Einreichung des Architektenwettbewerbs um ein halbes Jahr zu verlängern („Nur dann erhalten Sie reife Projekte!") und überdies Planungen zuzulassen, bei denen das Wassergerinne des Wehrgrabens erhalten bleibt. Ein weiteres Gutachten über vergleichende Kosten hält er für sinnvoll. Diese Forderungen stellt Hoffmann nicht nur im eigenen Namen auf, sondern auch für den Vorstand der Bürgerinitiative Hochschulen, das heißt für ein Gremium, das sich aus Hoch schullehrern der drei Grazer Hochschulen zusammensetzt. 17.4.82 Eilig scheint es Steyrs Bürgermeister Weiss mit dem Zuschütten des Wehrgrabens zu haben: Obwohl die Verhandlungen mit dem Bundesdenkmalamt erst Ende des Monats anberaumt sind, wurden die Arbeiten für die Verlegung des Kanalsammlers A/3, Baulos Wehrgraben, im eben erschienenen Amtsblatt ausgeschrieben. [. ..] 5.5.82 Einen Rückzieher in Sachen Wehrgrabenzuschütten macht nun die Steyrer Rathaus mehrheit: Weil sich das Bundesdenkmalamt eingeschaltet und verkündet hat, so einfach gehe es nicht mit der Vernichtung des historischen Wasserlaufs, stoppte die Stadt vorläu fig den Architektenwettbewerb über die künftige Wehrgrabengestaltung, in dessen Aus schreibungsbedingungen das Zuschütten ein fixer Bestandteil ist. Ob der Wettbewerb mit samt dieser Klausel überhaupt weitergeführt wird, hängt von den Erhebungen des Denk malamtes ab, die mehrere Wochen dauern werden. 18.5.82. Immer mehr zeichnet sich die Wende in der Frage des Steyrer Wehrgraben ab. Nachdem Frau Minister Firnberg aus Mitteln des Bundesdenkmalamtes zehn Millionen Schilling für die Erneuerung des Wahrgrabengebietes zugesagt und Landeshauptmann Ratzenböck seine Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung bekundet hat, sieht Bürgermei ster Weiss eine Lösung greifbar, „die zu befriedigen vermag". Daß mit dieser Lösung die Erhaltung des Gerinnes gemeint ist, ist offensichtlich, obwohl Weiss gestern nur von einem „zielführenden Kompromiß" gesprochen hat. „Die Erhaltung des Gerinnes hängt weitgehend von den Gesprächen mit dem Bundesdenkmalamt ab", er klärte dazu der Bürgermeister. [. ..] Bürgermeister Weiss ist jedenfalls der Ansicht, daß bei Offenhalten des Gerinnes eine Erhal tungsgemeinschaft gebildet werden muß, bei der alle Anrainer zum Erhalten der Wehre und Uferbauten herangezogen werden sollen. In erster Linie betrifft das die Stadt selbst und auch in großem Umfang die Steyr-Werke als größte Grundbesitzer in der Gegend. „Und dem Wehrgraben-Verein wird eine wesentliche Aufgabe zukommen, sich mit konstruktiven Leistungen sich von einem Protest- in einen Aktionsverein umzuwandeln", meinte das Stadtoberhaupt. [. ..] 104

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