Landstrich 1983, Nr. 3, Widerstand

6.4.82 Nach dem überraschend schnellen Beschluß der SP-Mehrheit in Steyr, den V\/ehrgraben doch zuzuschütten, tritt nun das Bundesdenkmalamt auf den Plan: Nach Ansicht der Denkmalschützer ist der Wehrgraben ein Denkmal von besonderer Bedeutung und muß da her erhalten bleiben. ,,Nach bestehender Rechtslage darf der Wehrgraben nicht zugeschüttet werden, denn er ist ein Denkmal kulturhistorischer und technischer Art und steht als Eigentum der Stadt Steyr unter Denkmalschutz", meint der Präsident des Bundesdenkmalamtes (BDA), Dr. Erwin Thalhammer. Ohne Zweifel wäre das Zuschütten des Gerinnes die Zerstörung eines Denkmals, die einer schweren Gesetzesverletzung gleichkommt. Dem Gemeinderat oder dem Bürgermeister bleibt deshalb nichts anderes übrig, als aufgrund des Beschlusses vom vergangenen Don nerstag einen Antrag an das Bundesdenkmalamt zu stellen, der auf das Zuschütten des Wehrgrabens hinausläuft. [. . .] 7.4.82 Zu einer Schlammschlacht mit persönlichen Angriffen artet nun die Diskussion über den Steyrer Wehrgraben aus. Hatte Bürgermeister Weiss am Montag noch von einer Hetze gegen seine Person gesprochen, läßt er nun seine SP-Fraktion gegen einen anderen hetzen, närnlich gegen den als Obmann des Vereins „Rettet den Wehrgraben" vorgesehenen Kunst erzieher Heribert Mader, der in einem Flugblatt an alle Haushalte persönlich in die Mangel genommen wird. „Die ersten Aktionen für die Offenhaltung des Gerinnes startete der Kunsterzieher am Bun desgymnasium Steyr, Heribert Mader, dem offensichtlich die Malermotive mehr als das Wohl der Menschen am Herzen lagen. Nicht unerwartet nahm sich die bürgerliche Presse seiner Aktionen an", heißt es in der als „Information" betitelten Flugschrift. In diesem Stil geht es weiter. Mader hatte einmal erklärt, Steyr habe sich mit der Innen stadt einen Renommierbereich geschaffen, in dem die Häuser sorgfältig renoviert wurden, während der Wehrgraben außerhalb dieser Grenze dem Untergang geweiht werde. ,,Es mag an seinem persönlichen Stil liegen, daß ihn die „morbide Schönheit der verfalle nen Häuser so anzieht. Aus dem Renommierbereich des Stadtplatzes hingegen sind keine Werke von ihm bekannt. Er wirbt auch heftig für das Wohnen im Wehrgraben, stellt sich schützend mit finsterem Blick vor die vom Verfall bedrohten Häuser, ruft sogar die 'Bürger wehr auf den Plan, hat es aber Ende 1981 vorgezogen, sein Domizil auf der luftigen Höhe der Schühsimayrsiedlung aufzuschlagen. Viele seiner Mitgänger haben es ihm gleichgetan. Das heißt Wasser predigen, aber Wein trinken" ätzt die SP, um die Frage anzuschließen: „Hat da nicht vielleicht Prof. Mader mit dem Wehrgraben seinen eigenen Renommierbe reich gesucht und gefunden?" [. . .] Während die Sozialisten nicht mit persönlichen Angriffen sparen, wird gleichzeitig weiner lich von „gelenkten Fehlinformationen", „Verunglimpfung des Bürgermeisters", „Verbrei tung von unwahren Behauptungen" und „bewußten Verdrehungen von Tatsachen" gere det. Der Wehrgraben wird als „nur ca. 0,4 Prozent der gesamten Oberfläche des Steyr- und Ennsflusses im Stadtgebiet" hingestellt, als ob das Wehrwasser einen Größenvergleich mit dem Staninger Stausee aufnehmen könnte. Selbstverständlich wird auch auf die drei kleinen Fraktionen geschossen, die ,,aus durch sichtigen parteipolitischen Motiven" gegen die Zuschüttung des Wehrgrabens seien. [. . .] Während der Bürgermeister den Beschluß der SP-Mehrheitsfraktion verteidigt, dringt der in Gründung befindliche Verein „Rettet den Wehrgraben" darauf, den seit 1. März lau fenden Architektenwettbewerb sofort zu stoppen. ,,Eine Ausschreibungsbedingung, deren praktische Durchführung gesetzwidrig wäre, kann und darf nicht Grundlage für einen öf fentlich ausgeschriebenen und mit Steuermitteln finanzierten Wettbewerb sein", schrieb 103

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