Linzer Tages-Post vom 1. Jänner 1905

Beim Lampenlicht. Hygienische Plauderei von C. Falkrnhorst. Die Abende sind länger geworden und die alte gute Lampe erhellt wieder unser Arbeitszimmer . . . Darf man aber sie noch die alte Lampe nennen? Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sie ja so viele Wandlungen durchgemachs sie ist so strahlend, so hell geworden, daß die alten Leute sich wundern würden, wenn man ihnen die Rüböllampe auf den Tisch wieder stellen würde, sie könnten dann nicht begreifen, wie sie solange mit ihr zusrieden sein konnten. Da arbeitet es sich doch anders beim Petroleum- oder bei Gas- und Spiritusglühlicht und vollends bei elektrischen Lampen. Wissenschaft und Technik haben Wunder gewirkt, eine Flut von Licht in unsere Wohnräume gebracht. Wir schwelgen darin . .. aber sind die Augen des neuen Geschlechtes dabei besser geworden? Die Schulärzte klagen, die Kurzsichtigkeit nimmt bei der Jugend nicht ab. Viel Licht allein nützt nichts, man muß es bei der Arbeit auch richtig benützen und verteilen. Gerade in der langen Winterszeit, wo soviel bei künstlicher Beleuchtung gearbeitet werden muß, muß auf die Hygiene des Auges besonders geachtet werden. Im Wohnzimmer brennt die Lampe und die Kinder schicken sich an, die Schulaufgaben zu machen. Ränzlein werden ausgepackt, Hefte herbeigetragen und man schart sich um die Lichtquelle, die über dem Tische hängt. Hat auch jedes der Kinder genügendes Licht, reicht die große Lampe für alle? Und ist auch die sorgsame Hausfrau in diesem Zweige der Gesundheitspflege unterrichtet? Eigentlich sollte ein jedes Kind sein Arbeitspult und seine eigene Lampe besitzen. Das ist gewiß das Beste, ein hygienisches Ideal; aber nicht überall läßt es sich durchführen. Kinderreiche Familie, enge Wohnung, sparen beim Zimmerheizen, jeder muß sich nach seiner Decke strecken und so müssen sich auch mehrere Kinder an einen Tisch setzen. Da liegt aber die Gefahr nahe, daß das eine oder andere bei der Lichlverteilung zu kurz kommt. Liest es und schreibt es nun bei ungenügender Beleuchtung, so wird es sich, um die Schrift zu erkennen, über Bücher und Hefte beugen müssen, wird zur Naharbeit gezwungen; diese ist aber schädlich, das Auge wird bei ihr angestrengt und auf die Dauer kurzsichtig; außerdem hindert die vorn überge- beugte Haltung die Entwicklung der Brust und gibt zu Rückgratsverkrümmungen Anlaß. Wie hell muß nun der Arbeitsplatz beleuchtet sein, damit diese gesundheitlichen Gefahren vermieden werden? Bei solchen Bestimmungen gilt als Einheit die Lichtmenge, welche eine Normalkerze in ein Meter Entfernung aus eine Fläche wirft. Man nennt diese Einheit eine Meterkerze und die Hygieniker haben ermittelt, daß die Helligkeit eines Arbeitsplatzes, wenn die Augen nicht geschädigt werden sollen, mindestens zehn Meterkerzen betragen müsse. Man kann sich eine Vorstellung von der Helligkeit eines Papiers bei zehn Meterkerzen machen, wenn man ein Blatt Papier horizontal hinlegt, und zwar 15 ow unter und 20 om seitlich" von einer Stearinkerze. Es gibt Apparate und auch für Laien bestimmte Lichtprüfcr, mit denen man die nötige Helligkeit des Arbeitsplatzes er ­ mitteln kann. Wer sich im Besitze eines solchen Apparates nicht befindet, wird auch nicht fehlgehen, wenn er folgendes beachtet. Eine Person mit völlig gesundem, normalem Auge setzt sich an den betreffenden Arbeitsplatz und schlägt ein Buch mit kleinem Drucke, der sogenannten Petitschrift, auf. Kann sie diesen Druck bequem auf eine Entfernung von einemhalben Meter lesen, so ist der Platz genügend beleuchtet. Muß sie aber, um bequem zu lesen, die Augen näher an das Buch bringen, so ist die Beleuchtung zu schwach. 0 ISngs einer eräwelle hingebaut äar Dorf Knif mit sitem Auf diese Weise kann man also erkennen, ob eine Lampe für die verschiedenen Arbeitsplätze am Tische ausreicht; es ist dabei gleich, ob man Petroleum-, Gas- oder elektrisches Licht hat. Ist mehr Licht vorhanden, so ist das für die Augen besser. Allerdings muß man sich auch vor zu greller Beleuchtung hüten. Zu Helles Licht blendet. Man darf nicht ungestraft in die Sonne sehen. Die direkten Sonnenstrahlen zerstören und verbrennen die Netzhaut. Blickt man auf sonnenbeschienene Schneeflächen, so wird man gleichfalls geblendet. Den Touristen im Hochgebirge ist die Schneeblindheit bekannt. Infolge des übermäßigen Lichtreizes können sich die Augen entzünden. Bei der künstlichen Beleuchtung werden wir vor allem durch die offenen Flammen geblendet. Die Hygiene fordert darum mit Recht, daß die Flamme selbst dem Auge entrückt bleibt, das gilt auch von den strahlenden Faden der elektrischen Glühlampe und dem elektrischen Bogenlichte. Aus diesem Grunde sind unsere Lampen zumeist mit Glocken und Schirmen versehen; es gibt wohl heute nirgends mehr eine Arbeits- oder Studierlampe, der diese Ausrüstung fehlte. Schirme und Glocken halten aber nicht allein das direkte Licht der Flamme von den Augen ab, sondern werfen es auf die zum Arbeiten bestimmte Fläche, so daß diese wesentlich Heller wird. Nur auf Korridoren und in Küchen begegnet man Lampen ohne Glocken mit einem Reflektor an der Wandseite. Solche Lampen erhellen den Raum besser und find für gröbere Arbeiten am Platze, wenn sie hoch genug aufgestellt oder aufgehängt find, so daß man nicht oft direkt in die Flamme zu schauen braucht. Für feinere Arbeiten eignen sie sich nicht, und doch fleht man in ver ­ schiedenen Kreisen Frauen und Mädchen bei solchem Lichte nähen oder lesen. Die mit einer Glocke versehene Lampe verfehlt ihren Zweck, wenn sie so aufgestellt wird, daß man beim Ausblicken vom Buche, Schreibheft oder der Näherei in die Flamme selbst sieht. Auch daraufhin sind die Arbeitsplätze am Familientische zu prüfen und die Lampe muß je nachdem höher oder niedriger gestellt werden. Leute mit empfindlichen Augen werden selbst durch den matteren Schein der Glocke geblendet. Um ihn zu mäßigen, werden auf die Glocken mehr oder weniger durchsichtige Schirme aus Papier aufgesetzt. Dabei sind grelle Farben im allgemeinen zu vermeiden, obwohl es dabei viel auf persönliches Empfinden ankommt. Der eine wird mehr durch rote oder gelbe Töne gestört, dem anderen ist blau unangenehm. Eine zu große Verdunklung des Zimmers durch solche Lampenschirme ist nicht zu empfehlen. Der Gegensatz zwischen der Dunkelheit im Zimmer und der Be ­ leuchtung des Arbeitsplatzes wird zu groß und man wird dann um so leichter durch den Hellen Schein auf dem Papiere des Buches, des Briefbogens oder des Nähzeuges geblendet. Grelle Lichtunterschiede greifen das Auge namemlich dann an, wenn sie rasch aufeinander erfolgen. Geht man im Sonnenscheine auf der Schattenseite eines Staketenzaunes, so treffen uns in rascher Abwechselung die zwischen den Pfählen oder Latten durchfallenden Sonnenstrahlen und die Schattenstreifen, die der Zaun wirft. Obwohl wir in die Sonne nicht Hinschauen, werden wir auf einem solchen Wege in kürzester Zeit geblendet. Das Arbeiten bei künstlicher Beleuchtung wird unerträglich und schädigt das Auge, wenn das Licht zuckt oder flackert. Das ist bei offenen Flammen, die durch einen Zylinder nicht geschützt sind, der Fall. Früher begegnete man ihnen in Wohnräumen häufiger. Gegenwärtig zwingt uns schon die Oekonomie, auch beim Gaslichte den Zylinder anzuwenden. Wer aber noch alte Brenner ohne Zylinder besitzen sollte, müßte sie in eigenem Interesse ab ­ schaffen. Das Licht der Stearinkerzen flackert beständig; in Privathäusern werden sie nur noch im Schlafzimmer ge ­ braucht; man ist auf sie aber in Hotels angewiesen, die mit elektrischem Lichte noch nicht versorgt sind. Hier merkt man sofort, wie schlecht es fleh bei einem solchen Lichte arbeitet; es ist geradezu eine Qual, dabei einen Brief zu schreiben oder zu lesen. Und doch gibt es Leute, die im Dunkel vor dem Einschlafen bei dieser ungenügenden Beleuchmng einen Roman lesen. Mit Zylindern versehene Gasflammen oder elektrisches Licht können auch zucken, wenn in den Apparaten und Zuleitungen . etwas nicht in Ordnung ist. Man muß alsdann die Störung ermitteln und Abhilfe schaffen. Die Lichterzeugung der Gegenwart ist mit Wärmeentwicklung verbunden. Alle unsere künstlichen Quellen strahlen Hitze aus. Diese Wärme ist eine sehr unangenehme Beigabe. Sie verteuert das Licht und eine der wich ­ tigsten Aufgaben der Lichttechnik besteht darin, Licht ohne Wärme zu erzeugen. Das ideale kalte Licht ist vorderhand für den Bedarf des täglichen Lebens noch nicht zu haben. Die Wärme der Flammen kann aber auch schädlich sein. Arbeitet man zu nahe an der Lampe, so wird uns bald das Gefühl der Hitze im Kopfe lästig. Die einseitige Ueberhitzung kann unter Umständen sehr unangenehmen rheuma ­ tischen Kopfschmerz erzeugen. Vor allem aber schädigt die Hitze das Auge; auch in diesem stellen sich lästige Empfindungen ein, zunächst ein Gefühl der Trockenheit, da in der Hitze die von der Bindehaut des Auges gelieferte Feuchtigkeit rasch verdunstet; diese Reizung führt bei längerer Einwirkung zu Augen ­ katarrhen. Von den gebräuchlichen Lichtquellen Hitzen am meisten die Gaslampen, weniger die Petroleumlampen, am wenigsten aber die elektrischen Glühlichtlampen. Man muß also die Entfernung der Lichtquelle von dem Arbeitsplätze auch nach der Hitze regeln, welche sie ausstrahlt. Für die im Haushalte gebräuchlichen Flammen dürfte die Entfernung von y, bis 1 m in allen Fällen genügen. Unser Auge hat sich im Laufe von Jahrmillionen dem Sonnenlichte angepaßt. Das weiße Sonnenlicht ist aber eine Mischung der verschiedenfarbigen Lichtstrahlen, die wir zerlegt im Regenbogen fehen. Das Sonnenlicht ist an gelben Strahlen besonders reich und im gelben Lichte sehen wir auch am deutlichsten. Die künstlich erzeugten Lichtquellen sind anders zusammengesetzt, bald sind sie an roten, bald an violetten Strahlen besonders reich. Die Folge davon ist, daß wir beim künstlichen Lichte nicht so gut sehen wie beim Tageslichte, namentlich wird die Unterscheidung der Farben schwierig und anstrengend. Man malt nicht beim Lampenlichte, aber man fertigt dabei, namentlich vor der Weihnachtszeit, bunte Stickereien an. Wer es nicht muß, sollte es unterlassen. Die Leuchttechnik bemüht sich, auch ein Licht zu erfinden, das in seiner Zusammensetzung dem Sonnenlichte sich möglichst nähern würde. Gelingt es, so wird das ein großer Vorteil sein. Aber mit dem bereits Erreichten können wir im Vergleiche zu der Beleuchtung früherer Zeiten zufrieden sein, und wenn wir die modernen Lichtquellen richtig benützen, so können wir über die langen Winterabende durchkommen, ohne unsere Augen geschädigt und geschwächt zu haben. LesefrüchLe. Die Ursache des Donners. Den Donner als Begleiter der Blitzerscheinungen beim Gewitter kennt jeder, allein die Art und Weise, wie er zu­ stande kommt, ist durchaus noch nicht mit Sicherheit wissen ­ schaftlich festgestellt. Man weiß freilich, daß jeder kräftige elektrische Funken von einem Geräusch begleitet ist und es liegt nahe, bei der ungeheuren Intensität des Blitzes auch ein entsprechend heftiges Geräusch zu erwarten, das dann eben der Donner sein würde. Wenn der Blitz durch plötzliche Erhitzung oder mechanisch die Luft auseinander drängt, so müfsen Verdichtungen und Verdünnungen in ihr entstehen und Schallwellen liefern, die wir als Donner hören. Genaue Prüfungen hat aber erst vor kurzem Professor Trowbridge angestellt, und zwar mit Hilfe von Versuchen, bei denen er mit elektrischen Ladungen operierte wie kein anderer Physiker vor ihm. lieber diese Versuche wird folgendes berichtet: Trowbridge hatte sich jahrelang damit beschäftigt, das Spek ­ trum des Wasserdampfes zu studieren. Nach vielen anderen Versuchen beschloß er, das Spektrum zu erforschen, das durch mächtige elektrische Entladungen in einer mit Wasserdampf gesättigten Atmosphäre entsteht. Zur Erzeugung dieser Ent ­ ladungen benutzte Trowbridge eine Akkumulatorenbatterie von 20.000 Zellen, deren Strom er in große Glaskonden ­ satoren leitete. Am liebsten hätte er die ungeheuren Ströme einer der durch den Sturz des Niagarafalls getriebenen Maschinen angewandt, wozu er später noch die Erlaubnis zu erhalten hofft. Zunächst dachte er daran, das Spektrum des Wasserdampfes dadurch der Beobachtung zugänglich zu machen, daß er elektrische Funken von einer Wasserfläche zu einer anderen überspringen ließ. Die Ausführung dieser Absicht erwies sich aber als unmöglich, da sich zwischen den Flüffigkeiten keine elektrischen Funken bilden wollten. Trow ­ bridge sättigte nun zwei Holzstücke mit destilliertem Wasser und hüllte sie in Watte ein, die gleichfalls mit soviel Wasser befeuchtet war, wie sie halten konnte. Wenn diese beiden Gegenstände an den Enden eines Stromkreises angebracht und etwa vier Zoll voneinander entfernt belassen wurden, so entwickelte sich zwischen ihnen ein Strom von außerordentlich Hellen Funken. Das Geräusch dieser Entladungen war so betäubend, daß sich der Experimentator die Ohren verstopfen und außerdem noch ein dickes Tuch um den Kopf binden mußte, um es überhaupt auszuhalten. Die Entstehung des donnergleichen Getmes sührte Trowbridge zurück auf die Explosion von Wasserstoff- und Sauerstoffgasen, die durch die Zersetzung des Wasserdampfes gebildet werden. Auf Grund dieser Annahme wird es nun wahrscheinlich, daß der natürliche Donner in gleicher Weise durch die Anwesenheit der großen Feuchtigkeit in den Wolken gewaltig verstärkt wird. Die Photographien, die Trowbridge von seinen künst­ lichen Blitzen ausgenommen hat, machen einen ganz merk ­ würdigen Eindruck und erinnern, wie er selbst sagt, an einen leuchtenden Wasserfall. Man sieht nicht einzelne Funken- Entladungen, sondern eine dichte Masse, die einer ganz aus Elektrizität bestehenden Wolke gleicht. Das Spektrum dieser künstlichen Blitze soll ganz dem der natürlichen entiprechen, wenn letztere in einer Entfernung von etwa 1', Kur be ­ obachtet werden und zwischen sehr dichten Wolken über ­ springen. Als Endergebnis findet Trowbridge, daß der Donner im wesentlichen der Zersetzung von Wasserdampf zuzuschrei- ben ist. DM MMlcckc. Tauschräksel. Lena, Kerl, Hals, Winde, Elba, Haufe. Aus jedem dieser Worte ist durch Umtausch eines Buch ­ staben ein anderes Hauptwort zu bilden, wie aus Nasen, Rasen, Nagen. Die neueingesetzten Buchstaben ergeben, richtig gesunden, den Namen eines Monates. Diltichonrätsrl. Bin aus Hartem geboren und Hartes zerbeiß und verzehr ich. Aber mit anderem Fuß füll' ich mit Düften die Luft. Sinnrätsel. Wo ich bin, sucht man mich zu vertreiben. Wo man Tafel hält, darf ich nicht bleiben. Wer mich nie hat, ist gar übel dran. Wer mich stets hat, ist ein armer Mann. verantwortlicher Redakteur Dr. Karl R. v. Gärn er.

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