Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

Geschichte der Eisenwurzen 95 mit Pferdestall, Arbeiterwohnungen und Verweser- oder Herrenhaus. Die Inhaber nannte man Radmeister. Mit der fortlaufenden Verstärkung der Luftzufuhr konnten die Schmelzöfen und damit die pro „Ofenreise" erschmolzenen Eisenmengen alimählich vergrößert werden. Das Gewicht der Luppen stieg von anfänglich etwa 50 kg bald auf200 kg, erreichte im 15. Jahrhundert 350 bis 400 kg, Anfang des 16. Jahrhunderts 500 kg und vom 16. bis ins 18. Jahrhundert 600 bis 800 kg. Eine Luppe des 15. oder gar 18.Jahrhunderts hätte Abt Wolfhold unmöglich mehr heben können,auch wenn sie nicht glühend heiß gewesen wäre. Die sogenannte Maß,die zur leichteren Handhabung und Überprüfung der Qualität üblicherweise in zwei Halbmaße gespalten wurde, bestand nicht aus Roheisen, sondern aus Stahl, der ohne einen weiteren Frischprozeß schmiedbar war und in schweren, wassergetriebenen Hämmern, den sogenannten Welschhämmern, in Stangen- und Barrenform gebracht wurde. Ganz im Inneren der Maß befand sich der beste Stahl, der Kern- oder Scharsachstahl. Weiter nach außen lagerten die billigeren Sorten:der Mock,der Mittel- oder Fäßlstahl,der Zwiezach oder Zwiezeug und das Klob- oder Weicheisen. Die äußersten, roheisenähnlichen Schichten der Maß und die 20 bis 30 Prozent Eisen, die beim Öffnen der Ofenbrust aus dem Stuckofen herausflossen, wurden als Hert und Graglach bezeichnet.Zusammen mit den eisenhältigen Schlacken,die im Wasser von der reinen Schlacke getrennt und daher Waschwerk genannt wurden, bildeten sie die sogenannten „Proviantsorten", die so hießen, weil sie traditionell in das Gebiet der drei Märkte Scheibbs,Purgstall und Gresten geliefert und gegen Lebensmittel getauscht wurden. Diese stark kohlenstoffhältigen, roheisenähnlichen Eisensorten,die oft als „Abfall" angesehenen wurden,weil sie, um schmiedbar zu werden, in Zerrennhämmern gefrischt werden mußten, sind heute zum Regelfall geworden. Da in Erzbergnähe das Holz immer knapper wurde und nicht genug nutzbare Wasserkraft zur Verfügung stand, mußte es im Verlauf des 14. Jahrhunderts zu einer Dezentralisierung der Weiterverarbeitung in einem immer weiteren Umkreis um den Erzberg kommen.Weil in dieser energieintensiven und waldverzehrenden Branche die Dezentralität der Standorte den größten Trumpf darstellte, bildete sich eine Gewerbelandschaft heraus, die sich nicht alleine auf die Städte und Märkte beschränkte, sondern auch auf die umliegenden ländlichen Gebiete ausstrahlte. Im Ybbs- und Erlauftal, später auch im Traisental und in den Tälern des Viertels unter dem Wienerwald, im Enns- und Steyrtal, an der Teichl, Stoder, Krems und Alm, im Liesing- und Paltental, im Mur- und Mürztal entstanden bis ins 16. Jahr hundert,dem ersten Höhepunkt der österreichischen Eisenindustrie,eine Vielzahl von Hammerwerken, Sensenhämmern und metallverarbeitenden Kleinhammer schmieden,die eine breite Produktpalette aufwiesen. Die geographischen Gegebenheiten legten eine Teilung des Abbaus am Erzberg nahe: im Süden von Vordernberg und im Norden von Innerberg oder Eisenerz ausgehend,und von da weiterführend auch eine Trennung der Weiterverarbeitung und der Absatzgebiete. Der Innerberger Bezirk zählte im 16. Jahrhundert in Eisenerz 19 Radwerke und in den angrenzenden Tälern 49 Welschhämmer und an die 100 kleinere Streck- und Knittelhämmer. Der Vordernberger Bezirk war größer Herbert Boeckl, Erzberg, 294S Der Erzberg, 351S4

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