Ausstellungsorte 485 Improvisation,wie sie in Trattenbach von Generation zu Generation weitergegeben worden war. Da krempelten endlich einige Trattenbacher ihre Ärmel hoch, und es schien, als streiften sie mit den alten Arbeitsgewändern wieder ein Stück ihrer Vergangenheit über. Dachböden und Schuppen wurden nach vergessenen Werkzeugen,Schwung rädern, Lederriemen und Stanzmessern, nach den genuinen Arbeitsgeräten wie „Schredtschneider",„Abzwickmaschin",„Ringerlmaschin" und „Stempfmaschin" durchstöbert. Alles wurde in seine Bestandteile zerlegt, geputzt,geölt und wieder zusammengesetzt. Der widerspenstige Doppelschwanzhammer wurde von morschen Teilen befreit, mit Keilen gezähmt und seine Kerne geschliffen. Lager wurden gewechselt, Riemen fachgerecht vernäht, Schwungscheiben erneuert, Treibgeschwindigkeiten eingestellt und Werkzeugmesser geschärft. Emsigkeit und Tatkraft wurden begleitet von Disputen und Fachsimpelei, von besserem Wissen und einem refrainartig wiederkehrenden „Weißt du noch?". Als Ergebnis ist das munterste Freilichtmuseum Österreichs entstanden.Etwa 2km lang führt der Weg neben dem Bach von Werkstattzu Werkstatt. Die Trattenbacher begleiten die Besucher selbst durch ihren Ort und machen mit ihrem Erfahrungswissen und ihren persönlichen Erinnerungen einen Ausflug ins Tal der Feitelmacher zum unvergeßlichen Erlebnis. Feitelfabrikant Löschenkohl führt eigens durch seine Werkstätten, in der „Drechslerei am Erlach" kann beim Drehen der Flefte zugeschaut werden, und im alten „Rameishammer" werden wieder Klingen geschmiedet. Das „Museum in der Wegscheid" schildert Kurioses, Spektakuläres und Mystisches aus der Geschichte derTrattenbacher Feitelmacher, und die „Schleife am König" dokumentiert die Kunst des Schleifens,ihre Gefahren und ihre Ehre. Die Besteckfabrik Flack steht zur Besichtigung frei. Wer will, kann seinen eigenen Taschenfeitel montieren und färben. Für Kinder und Schulklassen wurden Spiele entwickelt, bei denen sie aufeigene Faust das Tal erkunden können. Eine Wasserspiellandschaft am Bach lädt mit Wasserrädern, Flutern, Staus, Kanälen und Pumpen zum Experimentieren, Bauen und Spielen ein, während gleich nebenan in der „Drah-Flütt'n" mit Spezialitäten derTrattenbacher Bauern aufgewartet wird. Der Ort ist zu seinen historischen Wurzeln zurückgekehrt, hat seine Eigenheit und sein Spezifikum modernen Gegebenheiten angepaßt. Mit ihm ist auch sein altes Produkt neu entstanden. Die Söhne der einstigen Messerer haben einen neuen Taschenfeitel entwickelt, der wieder den alten Formen und Qualitätsstandards entspricht. Sein Name? „DerTrattenbacher". Eva Kreissl In der Wasserspiellandschaftam Bach LITERATUR Hinterschweiger, Ludwig: Die oberösterreichi sche Eisen- und Metallindustrie. In; Österreichs Industrie, Bd.1, Oberösterreich. Linz 1925 Kropf, Rudolf: Die Entwicklung von Bergbau und Industrie in Oberösterreich (III)-Ober österreichs Industrie während der großen Depression (1873-1895). In: Oberösterreichi sche Heimatblätter, Heft 3/4,Jg. 27. Linz 1973 Neudorfer, Richard: Heimat-Büchlein von Ternberg. Aus dem Nachlaß meines Vaters. Ternberg 1931 Vittorelll, Heinrich: Die Trattenbacher. In: Bericht der k. k. Gewerbe-Inspectoren über Ihre Amtstätigkeit Im Jahre 1890. Wien 1891 Wlasaty, Siegfried: Die Scharsachschmiede von Trattenbach. Hausarbeit für die Lehramts prüfung aus Geschichte. Universität Inns bruck 1963
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