Ausstellungsorte 479 organisierten Wirtschaftsstruktur kein geeigneteres Produkt hätte ausdenken können,das die Vorteile dieses Systems nützte und seine Nachteile umging. Ein Feitel war so handlich in der Fertigung, daß er unter Heranziehung aller Familienmitglieder innerhalb einer Zunft hergestellt werden konnte. Die Tratten bacher Messerer waren Meister „von Stock und Stein", also berechtigt und fähig, am Stock zu schmieden und am Stein zu schleifen.Andere Messer wurden bei ihrer Herstellung von Zunft zu Zunft gereicht; Schmiede und Schleifer, Beschaler und Messerer schlugen jeweils ihren Anteil auf die Herstellungskosten auf- ganz zu schweigen von den Streitigkeiten, die solche Umständlichkeit mit sich brachte, und der Freiheit der Verleger, ihre Zulieferer hemmungslos auszubeuten. Die bis zu 40 Arbeitsgänge hingegen,die zur Herstellung eines Taschenfeitels notwendig waren, wurden innerhalb der Familie und einer kleinen Anzahl von Gesellen und Lehr jungen ausgeführt, einschließlich der Fertigung von Holzheften an der Drehbank. Das machte das Produkt preiswert und vor allem resistent gegenüber dem Verlagswesen. Dieses einfache Messer fürs Volk wurde dabei äußerst sorgfältig gefertigt und aus den besten Rohmaterialien hergestellt: hartes Ahornholz aus den heimischen Wäldern und Scharsachstahl aus Reichraming,ein kohlenstoffreicher, reiner Stahl, der sonst nur für Schermesser oder Waffen benutzt wurde. Diese Produktidee fand natürlich ihre Neider, vor allem in der Steinbacher Messererzunft, der die Trattenbacher angehörten. Geschickt setzten die Stein bacher Messerer an den Wurzeln des Trattenbacher Erfolges an und forderten in mehr als hundert Jahre währenden Streitigkeiten, die Meistersöhne der Tratten bacher sollten sich am Sitz der Zunft in Steinbach ausbilden lassen. Denn das waren gerade die Arbeitskräfte,die in Trattenbach am wenigsten entbehrt werden konnten. Überdies fanden die Steinbacher immer neue Gründe, mit denen sie die Herrschaft Steyr oder die Innerberger Hauptgewerkschaft veranlassen wollten,den Trattenbachern die Verwendung von Scharsachstahl oder das Drehen der hölzernen Hefte zu untersagen. Endlich wurde dieser Streit den Trattenbachern zu bunt. In den siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts drohten sie, kollektiv das Land zu verlassen, wenn sie nicht ihre eigene Zunft gründen dürften, und unterstrichen die Forderung nach Unabhängig keit durch ihr Fernbleiben von der jährlichen Wallfahrt der Zunft nach Maria Adlwang.Das machte Findruck,vor allem auf die Herrschaft Steyr,die ihre Einnahmen durch die fleißigen Trattenbacher bedrohtsah. Und so gewährte Johann Maximilian Graf Lamberg 1680 den Trattenbachern, ihre eigene „Scharsacher-Innung" zu gründen,weil„die Trättenpäckher schon vor Jahren,ja bald von der Zeit an,alß sie zu der Zunft in Stainpach sind hinzugesöllet worden in Zwitracht, Stritt und processen mit einander gstanden und weillen die Trättenpäckher sich beraith endtschlossen,ehe und bevor sie mehr mit gedachter Mösserer Zunft heben und legen,lieber gahr außer Landtszustehn,welches nit allein unserer Herrschaft Steyr und andern intereßierten Grundobrigkeiten: sondern dem ganzen Landt und Ihro Kayl. Mayl. selbst zu Nachtheil und Schaden geraichte". Nun konnten die Trattenbacher ihre eigene Innung gründen, die rein symbolisch eine Filiallade zur Steinbacher Zunft blieb. Aus den Erfahrungen mit den Stein bachern waren die Trattenbacher klug geworden und schufen sich eine Handwerks ordnung,die rigide jede Möglichkeit ausschloß,daß sich ein Fremder in ihren Kreis i Verpacken der Taschenfeitel in der Wohnstube der Familie Hack,1941
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