Ausstellungsorte 461 Steyr - Museum Industrielle Arbeitswelt: „glühendrot/krisenbleicb. Zeitmontagen zu Arbeit und Kultur der Industrieregion Steyr" Das Ausstellungsprojekt im Museum Arbeitswelt ist auf die Thematik der Entwicklung des „Standorts Steyr" zentriert: Es wird versucht, zu verdeutlichen, was die besondere Qualität dieser Region mit dem Zentrum der Stadt Steyr ausmacht. In Abwandlung einer Aussage des Linzer Künstlers Helmuth Gsöllpointner könnte man sagen,das Projekt ist dem „spirit of Steyr" auf der Spur, der Gesamtheit materieller und immaterieller Faktoren, die in Kombination das Profil der Stadt prägen. Im Mittelpunkt steht der „Produktionsfaktor Mensch". Damit sind zum einen die speziellen handwerklichen, organisatorischen, kommunikativen Fertigkeiten und Eigenschaften der hier lebenden Menschen gemeint, die Steyr zu einem der bedeutendsten Zentren des Flandwerks und der Industrie gemacht haben und die eben nur an diesem Ort zu finden sind. Auf einer allgemeineren Ebene geht es darum, die Bedeutung der Arbeit für die Entwicklung eines Gemeinwesens zu zeigen:Steyr ist die Stadt der Arbeit, und das nicht erst,seit die Großindustrie das Geschick der Stadt prägt. In der Stadt Steyr hat sich über die Jahrhunderte ein gigantisches Potential des Umgangs mit dem Werkstoff Metall angesammelt, wie wir es nur in wenigen Regionen Europas finden. Dieses reicht von den Kniffen,die den Lohnvorteil eines Akkordarbeiters ausmachen, bis zum Erfindergeist des Ingenieurs. Der typische Steyrer Arbeiter war niemals ein Stachanow, wie er für frischindustrialisierte Kulturen typisch ist. Für diese Region ist der Tüftler und Bastler typisch: perfekt im Umgang mit dem Werkstoff, dazu die Fähigkeit, neue Lösungen für Prozesse zu finden, wo kein fertiger Algorithmus in der Schublade liegt. Dieses Arbeits vermögen ist zunächst immer etwas Persönliches. Nicht zuletzt dadurch bestimmen die Menschen ihre Identität und entwickeln ihren ganzen Stolz.Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs und technischer Revolutionen enteignen viele Menschen ihrer Arbeitsvermögen und berauben sie ihrer Identität.Am Beispiel von Reformation und Gegenreformation läßt sich dies illustrieren: Die Mentalitäts veränderung, die die Reformation in Gang gesetzt hatte, wurde zum Motor der ökonomischen Veränderungen, des raschen wirtschaftlichen Aufstiegs von Steyr als mitteleuropäisches Produktions- und Flandelszentrum und bewirkte die Fleranbildung eines selbstbewußten städtischen Bürgertums, das auch auf der politischen Ebene seine Vorstellungen durchzusetzen suchte. Der wirtschaftliche Niedergang Steyrs setzte mit der grausamen Niederschlagung des Protestan tismus in Steyr durch die Gegenreformation ein. Ein Großteil der Flandwerker mußte auswandern, das angehäufte Know-how ging für immer verloren, und die einstmals intensiven Austauschbeziehungen mit anderen Städten und Regionen
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