Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

444 Ausstellungsorte Auch aufdie Verkehrswege nahm der Aufschwung der Redtenbacher-Werke seinen Einfluß: Der Ausbau der Bahnlinie Sattledt-Grünau durch die Welser Lokalbahn gesellschaft wurde 1901 vollendet,und die Bundesstraße Gmunden-Steyr bekam eine neue Almbrücke in Scharnstein: eine Betonbogenbrücke (1927), lange ein Wahrzeichen des Ortes. LITERATUR Baumgartinger, P. Edmund: Die Geschichte der Herrschaft Scharnstein. 1970 Resch, Andreas, u. a.: Mächtig dröhnt der Hämmer Klang. Verlag R.Trauner,1991 Resch, Andreas: Unternehmer und Arbeiter in der österreichischen Sensenbranche um 1900. (Dissertation) Wurm, Heinrich: Die Jörger von Tollet. 1955 Kriege und Wirtschaftskrisen Im Ersten Weltkrieg wurde die Produktion stark gedrosselt. Neben Sensen und Sicheln wurden auch Pioniersäbel und Dolchmesser erzeugt. Dem Zusammenbruch vieler Märkte versuchten die österreichischen Sensen erzeuger durch den Zusammenschluß in einem Kartell zu begegnen, in dem „Redtenbachersche Leute"immer eine führende Stellung einnahmen. Die wirtschaftliche Krisensituation führte Ende derzwanzigerjahre auch in Scharn stein zu kurzfristigen Betriebsschließungen und einmal sogar zu Aussperrungen (1927). Nach einem Produktionstiefstand 1931/32 mit 260.000 Sensen Jahrespro duktion konnte in der Folge der Stand auf500.000 Sensen gehalten werden. Nach dem Anschluß 1938 wurde das Scharnsteiner Werk von den National sozialisten als „Wehrwirtschaftsbetrieb"eingestuft und die Produktion von Sensen und Sicheln als „kriegswirtschaftliche Erntegeräte" vorangetrieben. Mit Kriegs beginn wurden aber auch viele Scharnsteiner Sensenschmiede zum Militärdienst in der deutschen Wehrmacht eingezogen. Hatten schon im Ersten Weltkrieg viele Frauen die eingerückten Männer im Sensenwerk ersetzen müssen,so wurde dies im Zweiten Weltkrieg im verstärkten Ausmaß notwendig. Die Nachkriegszeit war vor allem durch Rohstoffmangel gekennzeichnet. Ab 1946 erzeugte das Werk neben Sensen und Sicheln auch Maurerkellen,Zimmermanns nägel,Schaufeln und Werkzeug, was damals dringend gebraucht wurde. Von 1950 an bewirkten die zunehmende Mechanisierung der Landwirtschaft,aber auch die Gründung von Konkurrenzfirmen in verschiedenen Ländern deutliche Absatzrückgänge. Mit laufenden Modernisierungs- und Rationalisierungsmaß nahmen versuchte das Werk, diesen Schwierigkieten zu begegnen; die Erträge aber gingen zurück. 1970 entschloß sich das Firmenmanagement, die Sichelerzeugung einzustellen und die Maschinen nach Äthiopien zu verkaufen. Der Erlös daraus bildete die Kapitalbasis für den Einstieg in eine neue Produktionssparte: die Erzeugung von Brillenteilen. Die Sensenproduktion wurde noch 17 Jahre lang mit einem Jahresausstoß von 250.000-350.000 Stück weitergeführt, bis 1987 die Entscheidung fiel, die Marken rechte an die noch bestehenden Sensenerzeuger zu verkaufen und sich ganz auf die Herstellung von sogenannten Präzisionsteilen (Metallteile der Brillen) zu konzentrieren. Das bedeutete das Ende der Scharnsteiner Sensen. Siegfried Pesendorfer

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