Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

310 Kunst und Kultur der Eisenwurzen Die nach Plänen des Linzer „Dombauconducteurs" Otto Schirmer ab 1868/69 errichtete neue Pfarrkirche in Bad HalF stellt den wichtigsten Nachfolgebau des Linzer Doms dar und wurde wie dieser als Denkmalkirche-den Anlaß bot hier das 1100-Jahr-Jubiläum von Stift Kremsmünster - konzipiert. Der Bau kombiniert „kathedralen" Grundriß mit Hallenaufriß und betont den wenig gerichteten,gleich mäßig nach allen Seiten hin expandierenden Raum,eine durchaus eigenständige, „unmittelalterliche" Lösung. Das eng an den Linzer Dom anschließende „kanonische" Formengut weist die Bad Haller Kirche als Werk des Strengen Historismus aus. Eine Generation jünger und bereits der freieren Auffassung des Späthistorismus verpflichtet erweisen sich zwei Werke des wohl bedeutendsten oberöster reichischen Architekten des 19.Jahrhunderts, Raimund jeblinger, die er für Orte in der Eisenwurzen schuf und die in seinem CEuvre bedeutsame Plätze einnehmen: Ab 1893 entstand in Kleinraming^^ ein Saalraum mit halbeingezogenen Strebe pfeilern, der nun stärker auf Vorbilder der einheimischen Architektur zurückgreift, im reduzierten,zugleich monumentaleren Detailjedoch typisch späthistoristisches Pathos anklingen läßt. Wenige Jahre vor Kleinraming schuf Jeblinger mit der Erweiterung der Wallfahrtskirche in Maria Neustift®^(Pläne 1889,erb.1891-98)ein kompliziertes, den mittelalterlichen Chor einbeziehendes Raumkonglomerat,das in der Individualisierung der Raumstruktur wie im freien Einsatz der Detailformen eine Inkunabel späthistoristischer Architektur in Oberösterreich darstellt. Neben dem „gothischen" gelangten im Kirchenbau auch andere Stilmodi zum Einsatz, beispielsweise an der Kirche in Reichraming®® (erbaut 1896/97 und 1914-16 von Bruno Großmann und Matthäus Schlager,Turm erst 1936fertiggestellt) eine etwas reduzierte, mit unverputztem Bruchsteinmauerwerk deutlich auf „Heimatliches" rekurrierende Neuromanik, die ihrerseits wiederum gewisse Affinitäten zum vorhistoristischen „Rundbogenstyl" aufweist. Im Gegensatz dazu zeigt die 1898 errichtete Kapelle in Mühlbach gewisse Anklänge an barocke Vorbilder (z. B. Verkröpfung der Gesimse am Turm);es ist jedoch festzuhalten,daß sich im gesamten Bereich der oberösterreichischen Eisenwurzen kein wirklicher neubarocker Kirchenbau findet. Neben der- nicht nur in künstlerischer Hinsicht-dominanten katholischen Kirche konnten nun auch die anderen Glaubensgemeinschaften ihre Gotteshäuser errichten. So entstand 1897/98 die evangelische Kirche in Steyr®^ nach Plänen des Wiener Architekten Ludwig Schöne, ein Sichtziegelbau in freien gotischen Formen ganz urbaner Prägung;wohingegen dasevangelische Bethaus der kleinen Gemeinde Neukematen,®® einer Neugründung derToleranzzeit, in Teilen noch aus der Anfangs zeit(1783)stammt,allerdings 1881 einen Turm in neugotischen Formen erhielt. Neben den eigentlichen Kirchenbauten findet sich in der gesamten Region eine Vielzahl von Kapellen unterschiedlichen Ausmaßes,die in vielfältiger Art und Weise volkstümliche Tradition mit „modernen" Elementen des Historismus verbinden. Pars pro toto sei hier auf eine „JL 1867 AL" bezeichnete Wegkapelle im Ort Trattenbach hingewiesen,die in besonders deutlicher,„naiver" Form barocke und gotische Elemente verbindet.®® Die in starkem Gegensatz zu solch volkstümlichen Lösungen stehende sakrale Kleinarchitektur urbaner Prägung ist durch die Friedhofskapelle (heute Krieger-

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