Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

Kunst und Kultur der Eisenwurzen 309 Neu- und Umbauten, meist Neufassadierungen erfuhren (z. B. Micheldorf, Haupt straße 47,in qualitätvollen Renaissanceformen mit wuchtiger Erdgeschoßhänderung, reich ornamentiertem Kordongesims und zarten Fensterrahmungen im Obergeschoß; Weyer, Unterer Markt 1, „Zum Auge Gottes", Biedermeierhau von 1841, um 1900 in zarten Rokokoformen neu fassadiert), sei hier nur erwähnt. Schließlich findet auch das Zinshaus vereinzelt Eingang in die Ortschaften der Region, vor allem natürlich in Steyr mit Ansätzen zu geschlossenen Randverhauungen in den neuen Stadtvierteln. Als Beispiel für die provinzielle Brechung dieses Bautyps sei das Haus Waidhofener Straße 1 in Weyer angeführt, das in besonders deutlicher Weise Formengut des Strengen Historismus ins „Volkstüm liche" rückühersetzt (vgl. z. B. die kuriose Kombination von Rundbogen und darüberliegender Verdachung an den Fenstern im ersten Obergeschoß!). Im Bereich des Arbeiterwohnbaus weist die Industriestadt Steyr-für den oberöster reichischen Raum -frühe Beispiele von Werkssiedlungen^sauf,die aufdie Initiative Josef Werndls zurückgehen: beginnend mit der Siedlung Pufferau,1870 von Franz Arbeshuber sen. errichtet, und gefolgt von der umfangreichen Siedlung Eisenfeld (Karolinenthal) auf der Steyr-Insel (1875-88 von Franz Arbeshuber und Anton Plochberger) sowie der Siedlung Neustraße (1889, Arbeshuber). Die durchwegs zeilig angeordneten, meist zweigeschossigen Bauten stehen in der Pufferau noch unmittelbar am Straßenrand,rücken jedoch ab 1875 bereits auseinander,um einer Art „Wohnstraße" Raum zu gewähren - eine Anordnung, die in der Anlage Neu straße noch ausgeweitet wird. Städtebauliches Augenmerk legten die Erbauer auf die Gestaltung der die Siedlung Karolinenthal durchschneidenden Schwimm schulstraße, entlang derer im rechten Winkel zum Zeilenverlauf angeordnete Kopfbauten die Auffahrt zur Stadt säumen. Ihrer Zweckbestimmung gemäß sind alle Siedlungshäuser in kleinste Wohneinheiten geteilt und nur sparsam dekoriert; nichtsdestoweniger ist sogar hier an den Fassaden der Zeitstil ablesbar. Um die Mitte des Jahrhunderts erlebt auch die Sakralarchitektur eine Wieder belebung,die vor allem mit den Bestrebungen der Linzer Diözesanverwaltung nach Erneuerung der kirchlichen Kunst in Verbindung steht; mit dem 1853 ins Amt tretenden Bischof Rudigier entstand der Linzer Diözese ein besonders aktiver Förderer.59 Interessanterweise besitzt die oberösterreichische Eisenwurzen einige sehr frühe kirchliche Bauten,wie etwa die Pfarrkirche in Steyrling®°,1854-63 errichtet und-fast demonstrativ - dem 1854 verkündeten neuen Dogma der Immaculata Conceptio geweiht. Der Bau mit einschiffig-dreijochigem, kreuzgratgewölbtem Langhaus und Polygonalchor folgt noch ganz vormärzlichen Lösungen (vgl. etwa die Pfarrkirche in Laussa), wohingegen die 1848 bis 1852 durchgeführte Erweiterung der Pfarrkirche in Weyer®"! mit Neuerrichtung von Chor und Querhaus bereits neugotische Formen zeigt, in manchem Detail-z. B. Massigkeit der Baukörper, Dachneigung, Lisenengliederung am Turm-noch deutliche Nachklänge des Kubischen Stils erkennen läßt. Die eigentliche Inkunabel historistischer Kirchenkunst in der oberösterreichischen Eisenwurzen stellt jedoch die Renovierung der Steyrer Stadtpfarrkirche dar, die - unter anderem über Anregung Adalbert Stifters-ab 1855 durchgeführt wurde.®^ Ihr folgen im Laufe der zweiten Jahrhunderthälfte eine ganze Reihe von Erweiterungs- und Neubauten,darunter Hauptwerke des kirchlichen Historismus. 500ji$rigen Bürgerfenster in der Stadtpfarrkirche Steyr, Detail mitJosef Werndt, Kat. Nr. 3.1.5.8.

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