Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

302 Kunst und Kultur der Eisenwurzen und frühem Historismus dar. Das Stiegenhaus mit toskanischen Säulen, gewan delten Marmortreppen und Gitter im typischen Biedermeierdekor kontrastiert mit der „modernen" Außenerscheinung der Bauten mit Rundbogenfriesen und übergiebeltem Risalit. In jedem Fall stellt das Schröckenfux-Ensemble - ungeachtet späterer Veränderung - ein besonders qualitätvolles Beispiel später Sensenschmiedkultur dar. Auch die Sakralarchitektur der ersten Jahrhunderthälfte in der Eisenwurzen steht teilweise in Zusammenhang mit der Sensenschmiedkultur. Die Gewerkenfamilien treten entweder unmittelbar als Bauherren von kleineren Kapellen in Erscheinung (z. B.„Haindl-Kapelle" in Micheldorf,dat.1820,mit charakteristischem,den gleich zeitigen Industriebauten verwandtem SchweifgiebeO^s oder fungierten als ent scheidende Geldgeber für kirchliche Bautätigkeit (z. B. Laussa, Pfarrkirche)''®. Es entstehen meist kleinere Bauten,deren stark traditionsverhaftetes Erscheinungs bild oft noch Nachklänge des Barock beinhaltet. Die 1822 errichtete Auerkapelle in Unterdambach stellt hiefür ein besonders charakteristisches Beispiel dar: Dem unprätentiösen Äußeren aus Bloßstein mauerwerk,nur durch den Schweifgiebel der Westfront akzentuiert,entspricht das schlichte stichkappentonnengewölbte Innere mit Rundapsis. Am Westportal durchdringen einander barocke Tradition und zeitgenössische Kunstauffassung: Die Arbeit des Hausteingewändes rezipiert mit Volutendekor wohl Vorbilder des 18. Jahrhunderts,gehört-etwa in der Bildung des Keilsteins-jedoch unverkenn bar auch in klassizistische Tradition. Die Beschläge des Portals schließlich sind reine Schöpfungen des Biedermeier. Dieses gleichsam selbstverständliche Nachleben barocker Formen tritt auch am Altar in Erscheinung,der auf den ersten Blick ein Werk des 18. Jahrhunderts sein könnte. Der Erstbau der Pfarrkirche in Laussa, 1839/40 errichtet,®® folgt weitgehend ähnlichen Gestaltungsprinzipien wie die Auerkapelle, so daß die Autorschaft desselben-derzeit unbekannten- Baumeisters vermutet werden darf. Auch hier liegt ein zweijochiger Innenraum mit auf Pilastern ruhenden Gurtbogen und zartem Stichkappentonnengewölbe vor,der von einer flachen Rundapsis geschlossen wird und sehr stark den Traditionen barocken Landkirchenbaues verpflichtet ist. Ein bedeutendes Bauwerk ganz anderer Zweckwidmung steht schließlich als Binde glied zwischen zu Ende gehendem Vormärz und beginnendem Historismus: das Kurhaus in Bad Hall. Bereits 1841/42 errichtete man über der Heilquelle einen tempiettoartigen Rundbau mit zartem Portikus, dem 1850-55 die Erbauung des ständischen Badehauses folgte; niemand Geringerer als der Wiener Architekt Paul Sprenger(1798-1854),allmächtiger Hofbaurat des Wiener Vormärz,lieferte die Pläne und schufeinen charakteristischen Bau des Kubischen Stils: Einem zweigeschossigen Baukörper von an Nüchternheit grenzender Sparsamkeit in der Instrumentierung ist ein dreiachsiger Mittelrisalit vorgelegt, der mit Zwillingssäulen im Erd- und Palladiomotiven im Obergeschoß allen Dekor in sich vereinigt. Zwei pavillonartige Annexbauten ergänzten ursprünglich die heute nach zahlreichen Umbauten stark veränderte Anlage.®'' Sprenger schuf mit diesem Bau ein für Oberösterreich bedeutendes,in bezugaufden Zeitstiljedoch bereitsetwas„altmodisches" Ensemble, das eher aufdie öffentliche Architektur des späteren Biedermeierzurückzuverweisen als am Anfang einer neuen Epoche zu stehen scheint.®®

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