Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

300 Kunst und Kultur der Eisenwurzen genannt, schlichte Zweckbauten in einfachen klassizistischen Formen, in denen jedoch noch manche barocke Reminiszenz nachklingt. Erst nach Überwindung der schlimmsten jähre-die Zeit der Franzosenkriege markiert hier einen Tiefstand - kann künstlerisches Schaffen wiederum in größerem Ausmaß einsetzen. Eine Ausnahmeerscheinung bildet lediglich das Langhaus der Pfarrkirche Windischgarsten, das ab 1809 errichtet wurde.^ Unter teilweiser Benützung der gotischen Umfassungsmauern entstand ein Wandpfeiterraum mit Seitenemporen, der Kargheit im Dekor mit einer gewissen Monumentalität verbindet - eine künstlerische Flaltung, die sich auch an der Westfassade mit rasterartiger Lisenengliederung und unprofilierten Hausteingewänden ablesen läßt. Zentrale Bedeutung für den Raum der Eisenwurzen nimmt in diesen Jahrzehnten die Kultur der Sensenschmiede ein. Die führenden Familien^ schufen hier eine ganz spezifische, trotz aller Verbindungen zum bäuerlichen Bereich doch bürgerliche, durch die internationalen Handelsbeziehungen bedingt auch weltoffene Lebens form,in der die Kunst einen nicht unbedeutenden Rang einnimmt.® So entstanden im ausgehenden 18. und früheren 19.Jahrhundert zahlreiche Wohn- und Betriebs gebäude, die zwar ältere Traditionen fortführen, doch in ihrem Erscheinungsbild unmißverständlich auf die aktuelle Zeitmode Bezug nehmen. Bei den Herrenhäusern handelt es sich meist um herkömmliche Baukuben über rechteckigem Grundriß mit hohem, mitunter gebrochenem Walmdach, die immer wiederzu malerischen Baugruppen erweitert werden können,wobei Wohn-,Hand werks- bzw.Fabrikations- und Ökonomiefunktion berücksichtigt wurden (z.B.OberAbsang, über frühneuzeitlichem Kern biedermeierliche Baugruppe; Schmied leithen, vielteiliges Ensemble spätes 18. bis 4. Viertel 19. Jahrhundert; besonders eindrucksvoll das Gradn-Werk, heute Sensenschmiedmuseum, siehe unten). Die jeweils dem Zeitstil folgende Instrumentierung der Fassaden spiegelt die Entwicklung wider. So finden sich späte Reflexe auf die Kunst des Rokoko (z. B. Micheldorf, Hammerweg 14, dat. „1807/FZ", und mit identischer Fassadierung Hammerweg11/13,Herrenhaus„An der Zinne"':genuteter Sockel,im Obergeschoß Pilastrierung, Fensterverdachungen mit rokokohafter Ornamentierung)ebenso wie solche des Empire (z. B. Micheldorf, Müllerviertel 13, besonders das Balkongitter). Ein weiteres Charakteristikum dieser Bauten ist ferner die immer wieder zu bemerkende Tendenzzu großer Schlichtheit,Verzicht aufOrnamentales und damit eine deutliche Affinität zu Eigentümlichkeiten des von Formstrenge und Kargheit gekennzeichneten „Kubischen Stils" (z. B. Kirchdorf, Steiermärkerstraße 41; altes Herrenhaus „Schmiedleithen" bei Leonstein®). Nichtsdestoweniger konnten in einzelnen Fällen Herrenhäuser in Größe und architektonischem Habitus durchaus die Grenzen zum Schloßbau berühren, wie etwa das Herrenhaus „Blumau" in Kirchdorf (1832) mit nicht weniger als dreizehnachsiger Front, übergiebeltem Mittelrisalit und Koiossalpilastrierung.® In zahlreichen Variationen finden sich im gesamten Bereich der oberöster reichischen Eisenwurzen Beispiele dieser spezifischen Biedermeierarchitektur,die wohl über den engeren Kreis der Sensenschmiede hinausging (z. B. Weyer, Waidhofener Straße 7, mit gerauteten Parapetfeldern und halbrunden Fensterbekrönungen;Trattenbach, Hammerstraße 17,dat.„1828", mit einfacher Lisenengliederung). Als besonders markantes Beispiel darf jedoch das Micheldorfer

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