Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

Kunst und Kultur der Eisenwurzen 283 Zur Kunst der oberösterreichischen Eisenwurzen. Vom 8. bis zum 18. jahrhundert von Lothar Schuttes Die hier zu besprechende Region umfaßt ungefähr die heutigen Bezirke Steyr und Kirchdorf. Das Gebiet bildet kunstgeschichtlich zwar keine Einheit, gehört aberzu den bedeutendsten des Landes ob der Enns. Es erlebte einen ersten kulturellen Höhepunkt zur Zeit des Bayernherzogs Tassilo aus dem Haus der Agilolfinger, dessen Klostergründung Kremsmünster vor allem deshalb in die Ausstellung einbezogen wurde, weil es mit seinem Pfarrnetz weit in die Eisenwurzen ausstrahlte. Welch zentrale europäische Bedeutung dem 777 gegründeten Kloster damals zukam,wird aus der Zeugenliste des „Stiftsbriefes" deutlich, in der neben anderen Großen dieser Zeit auch Erzbischof Virgil von Salzburg^ aufscheint. Der bis heute im Stift Kremsmünster erhaltene Tassilo-Kelch^ ist ein Werk von euro päischem Rang;außerdem viel einfacheren Kelch von Petöhaza^im Liszt-Museum in Ödenburg hat sich nichts wirklich Vergleichbares erhalten. Die Inschrift am unteren Rand des Fußes nennt als Stifter Herzog Tassilo und seine langobardische Gemahlin Liutpirc, nicht aber das Entstehungsdatum,das wohl zwischen 769,der Hochzeit des fürstlichen Paares, und der Gründung des Klosters im Jahr 777 anzu setzen ist. Wahrscheinlich gehörte der Kelch zum Stiftungsgut des Klosters. Das Bildprogramm spricht dafür,daß er von Anfangen als eucharistischer Spende kelch bestimmt war. So zeigt die Kuppa fünf Medaillons mit der Darstellung der Evangelisten und ihrer Symbole. Im Mittelpunkt steht Christus als Salvator, dem auch die Stiftskirche geweiht ist. Am Fuß des Kelchs sind Maria, Johannes der Täufer sowie die Heiligen Theodorus Martyr und Theodelinde dargestellt- eine Deutung, die allerdings nicht unumstritten ist. Das MT - also Maria Theotokos (Gottesgebärerin) - bezeichnete Medaillon ist vielleicht die älteste Marien darstellung nördlich der Alpen. Höchst raffiniert sind die aus verflochtenen Tieren gebildeten Ornamente in die verbleibenden Zwickel eingefügt. Hier werden Einflüsse der anglosächsischen Kunst deutlich, die wohl durch den aus Irland stammenden Erzbischof Virgil von Salzburg vermittelt wurden. Dementsprechend wird der Kelch auch meist nach Salzburg oder Mondsee lokalisiert, obwohl zuletzt auch Regensburg, die Residenz Herzog Tassilos, als Entstehungsort in Betracht gezogen wurde. Eine ikonographische Besonderheit des Tassilo-Kelchs ist die gleichwertige Gegenüberstellung von Evangelist und Symbol. Sie findet sich auch in den Miniaturen des Codex Millenarius Major'', der zumeist um 800,erst nach dem Tod des Stifters, datiert wird. Damals war das Kloster Königsabtei,also direkt Karl dem Großen unterstellt. Trotz enger Verbindungen zur etwas älteren Mondseer Buch malerei wird auch eine Entstehung der Handschrift in Kremsmünster für möglich erachtet. Wim Codex Millenarius Major, um 800

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