Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

246 Politik und Alltag der Eisenwurzen Mit diesem Fahrzeug wurde derfertige Kalk zum Bahnhoftransportiert. QUELLE Krater, Reinhold: Tonbandprotokoli des Zeitzeugeninterviews mit den Kalkbrennern Johann Kern und Franz Stummer, aufgenommen in Steinbach am Ziehberg am 9.12.1995 und am 30.5.1996 LITERATUR Ast, Hiitraud: Die Kalkbrenner am Ostrand der Alpen. Augsburg, Perlach 1977 Albrecht, Helmuth: Kalk und Zement in Würt temberg. Stuttgart, Verlag Regionalkuitur 1991 Denn schließlich mußte auch das Rohmaterial,der gebrochene Kalkstein,gewonnen und das Endprodukt, der ungelöschte Branntkalk, verhandelt werden. Die Arbeit im Steinbruch zählte dabei zweifelloszu den gefährlichsten Tätigkeiten. Erfahrung im Umgang mit Sprengmitteln war nämlich Voraussetzung: In regelmäßigen Abständen wurden mit Handbohrer und Schlägelzunächst drei etwa 2,5 Meter tiefe Sprenglöcher in den Felsen gebohrt.Anschließend blies der Spreng gehilfe diese Löcher aus und stopfte sie mit Gelatine Donarit. Nach Fertigstellung der Verdrahtung ertönte das Sprengsignal: die Zündung erfolgte.-Sobald sich der Staub gelichtet hatte, wurde das Bruchgestein zerkleinert und aufeinem Ochsen wagen zum Kalkofen gebracht. Erleichtert wurde die in allen Belangen mühsame Tätigkeit der Kalkbrenner erst durch technische Errungenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg: etwa durch die Verwendung hydraulischer Bohrer, den Einbau eines Schlot-Gebläses oder durch die Errichtung der Materialseilbahn vom Steinbruch zum Ofen. Daß der in Steinbach unter schwierigsten Arbeitsbedingungen gebrannte Kalkstein sehr begehrt war, liegt an seiner Fettigkeit, also seinem hohen Anteil an Calcium. Vor allem die Baumeister der Umgebung wußten dieszu schätzen und verwendeten ihn bevorzugt für Farbanstriche und als Bindemittel. Doch auch Bauern und Klein häusler aus der näheren Umgebung kamen gerne zur Krapfenmühle, wo man den Kalkofen im bäuerlichen Nebenerwerb betrieb. Man holte sich entweder einen Metzenkübel voll Branntkalk, um ihn zu Hause selbst einzulöschen, oder man verlangte bereits eingesumpften,also gelöschten und gelagerten Kalk,den man für den Anstrich von Wänden,für das Einlagern von Eiern oder den Schutz von Baum stämmen gegen Frost und Wildverbiß benötigte. Trotz nach wie vor großer Nachfrage nach Kalk und den daraus erzeugten Produkten wurde der Kalkofen von Steinbach am Ziehberg in den sechziger Jahren stillgelegt. Zu groß war der Konkurrenzdruck durch Anbieter von industriell gebranntem Kalk, die ein weitaus günstigeres Endprodukt in viel größeren Mengen anbieten konnten.

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