Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

240 Politik und Alltag der Eisenwurzen Arbeit macht hungrig. Schwoagerin aufder Englalm sie von dieser Zelt berichten, muß man gelegentlich zweimal hinschauen,um nicht die Falten in ihren Gesichtern zu übersehen als Beweis,daß sie wirklich nicht mehr fünfzehn oder zwanzig Jahre alt sind. Von der Zeit, die seitdem vergangen ist, berichten vor allem Ihre Hände, in denen jeder Handgriff, jeder Frost und jede kleine Verletzung Spuren hinterlassen haben. Arbelt, unermüdliche und kraftverzehrende, kannten die Schwoagerinnen seit ihren Kindertagen. Doch keine jammert darüber.Denn ihre Arbeit warzwar schwer, doch nie hektisch oder unter Druck verrichtet. Freilich mußten auch sie sich manches Maltummeln,um Heu,Wäsche oder Gerätschaften vor einem drohenden Gewitter zu retten. Und angenehm war es nicht gerade, im strömenden Regen stundenlang nach dem herumziehenden Jungvieh suchen zu müssen. Böse Erinnerungen aber haben die Schwoagerinnen nur, wenn sie von den Bauern schlecht oder ungerecht behandelt worden sind. Ihre Arbeit und das Oben und Unten der bäuerlichen Gesellschaft haben sie fraglos anerkannt. Einen Bauern oder eine Bäuerin jedoch,die ihre machtvolle Stellung mißbrauchten und mit dem Essen mehr knauserten als mit Schimpfworten oder mißgünstigen Unter stellungen,ja, die sollte der Fluch treffenl Doch die Bauersleut-die guten wie die schlechten-blieben im Sommer beim Hof, weit fort von der Alm. Dort oben konnten die jungen Frauen ihre Arbeit einteilen, wie sie wollten. Niemand als sie selbst entschied, ob sie vor oder mit der Sonne aufstanden.Dann gingen sie mit dem Melkeimer die Kühe suchen,manche trieben die Tiere aber auch lieber bei der Hütte zusammen, um sie dort eine nach der anderen zu melken. Erst wenn alle Kannen voll waren, gönnten sich die beiden Frauen ein Frühstück, Brot und Milch meist.So gestärkt wendete sich die Schwoagerin der Verarbeitung der Milch zu:„Obedrahn" mit dem Milchseparator, Butter rühren.Topfen machen. Währenddessen begab sich die Halterin auf die Suche nach dem Jungvieh -vor Sonnwend täglich, nach Sonnwend jeden zweiten Tag. Kilometerlange Wanderun gen mußte das Mädchen zuweilen zurücklegen, bis es das Vieh gefunden hatte, ihm Salz gab und sich überzeugen konnte, daß auch keines fehlte und keines erkrankt war,etwa am gefürchteten Roten Wasser. Denn dann hieß es ins Tal laufen zum alten Prenkler. Der wußte, was dagegen half, und verabreichte vier Knödel, deren Inhalt nur vage bekannt war.Storchenschnabel und rote Ameisen sagen die einen,rote Malerschnur glauben die anderen.Sein erfolgreiches Geheimnis hat der Prenkler mit ins Grab genommen. Nur wenige der Schwoagerinnen waren kundig in der Heilkraft der Kräuter, die rings um sie wuchsen.Gerade Spitzwegerich,Königskerze oderThymian gegen den Husten waren ihnen geläufig oder Frauenmantel bei Unwohlsein. Doch wurden die Frauen auf der Alm auch eigentlich nicht krank. Sie waren jung, stark und frei, und ihre Ver bundenheit galt weniger den Pflanzen als ihren Tieren. Die Schweine waren mit ihrer Anhänglichkeit und Klugheit amüsante Almgefährten. Der Stier war dagegen oft genug eine Herausforderung. An ihm ließ sich lernen, die Furcht zu verlieren. Denn er mußte gebändigt werden, wenn er zu übermütig wurde oder einen fremden Wanderer bedrohte. Da durfte eine Schwoagerin sich nicht fürchten. Auch die Kühe galten ihnen mehr als nur Tiere, aus denen der beste Ertrag heraus geholt werden mußte.Wer sich aufihre Charaktere und Eigenheiten verstand,fühlte

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