Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

236 Politik und Alltag der Eisenwurzen solches Lied wurde anläßlich der Hochzeit eines bekannten Windischgarstener Wildschützen am Beginn der zwanziger Jahre gedichtet. In diesem Lied werden die Jäger verspottet,da sie bei ihrer Jagd nach Wildschützen ständig in die Irre gehen. Es heißt da unter anderem: „Das Garstnertal Is altbekannt als Wildschützgegend in unserm Land, und voraus Im Sengsengebirg, da kracht's oft wia im Kriag ... Und zum Schluß: Weidmannsheil, hoch das Forstpersonal, das Lambergsche Revier, schön Dank für die Müah; und wann's Wieda hört's kracha, bleibt's im Bett und tat's lacha beim Weibal schön fein, im warma Bett drein." Dem Wildschützen als sozialem Rebellen ist es wichtig, daß er als ein ehrbarer Wildschütz gesehen wird, der schlauer ist als der Jäger. Charakteristisch für soziale Rebellen ist schließlich aber auch ein spezieller Ehrenkodex.In den von mir mit alten Wilderern geführten Gesprächen beriefen sich diese stets auf Regeln eines solchen Kodex,denn der „echte" Wildschütz will mit dem bloßen „Raubschützen" nichts zu tun haben.Als„Raubschütz" wird jemand gesehen,der nicht weidmännisch jagt,der „alles" schießt, also nicht davor zurückscheut, die Wluttergeiß einem Kitz wegzu schießen; der Schlingen legt, wodurch das Tier fürchterlichen Qualen ausgesetzt wird,und der sogar einen hinterlistigen Mord an einem Jäger in Kauf nimmt.Die volle Verachtung des Wildschützen trifft auch den modernen Autowilderer, der das Wild blendet, um es dann leichter erlegen zu können. In einem Aufsatz aus der Jahrhundertwende wird anschaulich der „ehrenhafte" Wilderer von den anderen,verachtungswürdigen Wilderern unterschieden.Zuerst wird der echte Wildschütz gepriesen,den die Leidenschaft und der Mutzum Aben teuer in die Berge treiben: „(...) Da ist das rechte [1], wahre wilde Jägerblut, dem's keine Ruhe läßt. (...) Sich von einem Jagersknecht, so einem Dahergelaufenen verbieten lassen, frei im Berg umananderzustreifen, er soll (...) die Garns [1] von unten anschauen!? (...) kein Madl[1] könnte ihn mehr achten (...)". Über den nicht ehrbaren Wilderer heißt es weiter: „Da ist der fertige Lump, der Desperado der Berge, den nicht die Ehrfurcht, nicht jugendlicher Übermut, nicht die Leidenschaft [I] treibt, sondern einfach Raub- und Diebeslust, zu dem sofort sich der hinterlistige Mord [!] gesellt" (zit. nach: Aberle,1981,S.9f). Dem kühnen, „richtigen" Wildschützen wird also in dieser Überlegung jener Wilderer gegenübergestellt, für den das Wildern zu einer rein verbrecherischen Aktivität wird, bei der nicht einmal das Leben des angestellten Jägers geschont wird. Zum Ehrenkodex des Wilderers gehörte auch, daß er sich einiger Mühen unterzog, um zum Wild zu gelangen. In den von mir geführten Gesprächen wurde stolz hervor gehoben,daß man es sich bei der verbotenen Jagd nicht leicht gemacht habe. Man mußte früh aufbrechen,weit marschieren und daraufachten,daß man nicht aufden Jäger traf. Es entsprach dem honorigen Wilderer, daß er nicht in Gemeinschafts jagden vom Bauern jagte,sondern in Herrschaftsjagden. Und dorthin war es oft weit. Um dem Jäger aus dem Weg zu gehen,wilderte man zu Zeitpunkten,an denen man annahm, daß kein Jäger unterwegs ist. Ein Wilderer erzählte mir, problemlos wäre das Wildern gewesen, wenn ein Jäger oder ein Förster begraben wurde, denn da würden alle Jäger beim Begräbnis sein. Oder wenn der Jäger beim „Sauabstechen" war, dann konnte man ebenso unbehelligt wildern.

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