Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

214 Politik und Alltag der Eisenwurzen Eiserne Kriegsbecher mit Kopßild Kaiser FranzJosephs I. und Kaiser Wilhelms II., igis, Kat. Nr. 3.2.1.6.2.-3. Im Alpenvorland, wo die landwirtschaftlichen Erträge viel höher waren als in den inneralpinen Tälern, war die Lebensmittelversorgung zwar weniger kritisch, doch auch hier machte sich eine Teuerung fast aller Produkte des täglichen Bedarfs negativ bemerkbar. In den Städten waren viele Grundnahrungsmittel bald nur noch zu überhöhten Preisen am Schwarzmarkt erhältlich. Um dem entgegenzuwirken, übernahm ab März1915 die Stadtgemeinde Steyr an Wochentagen den Verkaufvon Butter und Eiern.1916 und 1917 war wegen der herrschenden Engpässe sogar das Färben von Ostereiern verboten. Dem Schleichhandel und der Preistreiberei durch skrupellose Spekulanten konnte mit derartigen Maßnahmen freilich nicht Einhalt geboten werden. In den letzten Kriegsjahren waren die meisten lebensnotwendigen Güter,aber auch Bekleidung und selbst Tabak, nur noch in beschränkten Mengen gegen Bezugs scheine erhältlich. Bei Fleisch, Zucker oder Milchprodukten konnten selbst die relativ niedrigen Tagessätze oft nicht ausgegeben werden; von der schlechten Qualität - Milch war beispielsweise häufig sauer und in der Regel mit Wasser gestreckt-ganz zu schweigen. Um den Fleischverbrauch zu senken, kam es zur Einführung von mehreren „fleischlosen Tagen" pro Woche, an denen auch in Privathaushalten der Verzehr von Fleischgerichten verboten wurde. Bezeichnend für die geradezu verzweifelte Situation jener Zeit war der Beschluß der Gemeindevertretung von Spital am Pyhrn vom 11. März1917,wonach auf Grund des herrschenden Lebensmittelmangels die Aufnahme von Sommergästen bis auf weiteres verboten wurde. Durch die Seeblockade der Entente waren die Mittelmächte von allen Rohstoff quellen in Übersee weitgehend abgeschnitten. Schon bald nach Kriegsbeginn traten bei gewissen kriegswichtigen Metallen Engpässe auf, die man durch Sammlungen auszugleichen versuchte. Als erstes wurden Münzen eingezogen,da das darin enthaltene Nickel,Silber oder Kupfer von der Kriegsindustrie benötigt wurde. Später wurden Türklinken und Waagschalen aus Messing,Dachrinnen aus Kupfer,die Bleirohre von zugänglichen Wasserleitungen, ja sogar Särge aus Zinn eingesammelt und der metallver arbeitenden Industrie zur Flerstellung kriegswichtiger Produkte zugeführt.Ab 1915 lieferten viele Pfarren eine oder mehrere Glocken aus dem Geläut der Kirche als Spende für den Krieg ab. Weyer spendete beispielsweise zwei, Windischgarsten oder Innerstoder gaben je eine Glocke freiwillig für den Krieg. Die Diözese unterstützte dies,indem sie jeder Pfarre oder Klostervorstehung einen Fragebogen zusandte, in dem Art, Größe und Anzahl der Kirchenglocken eingetragen werden mußten. Als Ergebnis dieser Erhebung entstanden „Glockenlisten", die dem Militärkommando übermittelt wurden. Ab Winter 1916/17 wurden die Glocken zwangsweise demontiert und für Kriegszwecke eingeschmolzen, mit Ausnahme jener mit kunsthistorischem Wert. In der Regel wurden die Kirchenglocken ge schmückt und unter Beteiligung der gesamten Bevölkerung in einer feierlichen Prozession zum Bahnhofgebracht.Anders in Klaus,denn dort warf man die für den Abtransport bestimmte Glocke im November 1917 einfach vom Kirchturm. Die schlechten Arbeitsbedingungen unter militärischer Verwaltung sowie die immer schwieriger werdende Versorgung selbst mit Grundnahrungsmitteln und Gütern des täglichen Bedarfes führte vorerst unter den Arbeitern in den

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