208 Politik und Alltag der Eisenwurzen Der ganze Spuk fand ein rasches Ende, als über Dr. Schlegels Auftrag um fünf Uhr früh eine Halbkompanie Bundespolizei und eine Halbkompanie des Alpenjäger regiments unter Gendarmerieführung Kirchdorf besetzten. Bundesheer- Einheiten, die sich zu Übungszwecken in Obertraun aufhielten, wurden am Pyhrnpaß ein gesetzt. Die chaotische Situation dieser Tage in der Steiermark beschrieb Starhemberg, wenn auch nachträglich, in seinen Memoiren folgendermaßen: „Der halb idiotische, mehr taub als schwerhörig zu nennende Pfrimer war Rintelens Werkzeug (...). Wo eine Intrige im Gange war,war Rintelen dabei (...). Rintelen war kein echter Christlichsozialer, er war nur maßlos ehrgeizig (...)." Aber mit dieser Aktion von Bundesheer, Gendarmerie und Bundespolizei war die Aktion noch keineswegs abgeschlossen. In der Steiermark flüchtete Pfrimer nach Jugoslawien, sein Generaladjutant Graf Karl Ottmar Lamberg kam auf einem abenteuerlichen Fluchtweg über Oberösterreich ins nationalsozialistische Deutschland. Er starb übrigens 1943im deutschen Konzentrationslager Auschwitz,und mit ihm starb die Linie Lamberg im Mannesstamm aus. Heimwehrhut mit Hahnenschwanz und Heimwehrabzeichen, Kat. Nr. 3.2.2.15 Die Folgen in Oberösterreich In Wien und auch in Oberösterreich wußte man nicht, inwieweit Starhemberg und die oberösterreichische Heimwehr in den ganzen Putschplan eingeschaltet,ob sie informiert und inwieweit sie mitbeteiligt waren. Auf jeden Fall war noch in der Nacht des Putsches ein Kurier Pfrimers, der oberösterreichische Kreisleiter der Heimwehr in Kirchdorf, Karl Harant, mit verschlossenen Briefen für Starhemberg und seinen Stellvertreter Generalmajor Franz Puchmayr,aber auch mit Plakaten mit dem Pfrimer-Aufruf nach Linz gekommen.Puchmayr alarmierte ohne die Weisung Starhembergs die oberösterreichische Heimwehr nicht, aber er eilte mit dem Brief Pfrimers zu Starhemberg ins Jagdschloß Brunnwald im Mühlviertel. Harantfuhr zurück und übernahm das Kommando des 3. Heimwehr-jägerbataillons in Kirchdorf(wenn auch nur für eine Nacht), während Starhemberg sich mit dem Mühlviertier Heimwehrführer Graf Peter Revertera beriet, aber für die oberöster reichische Heimwehr nur eine beschränkte Bereitschaft veranlaßte. Starhemberg verließ daraufhin - ständig beschattet von der alarmierten Gendarmerie - sein Mühlviertier Jagdschloß und fuhr über sein Schloß Eferding ins benachbarte Schloß seines Adjutanten Coreth nach Hochscharten bei Eferding, wo dann am nächsten Tag,am 14.September 1931,Starhemberg,sein Adjutant Coreth und die Generäle Puchmayr und Englisch-Poparich verhaftet und ins Bezirksgericht Linz eingeliefert wurden. Man darf dabei nicht vergessen, daß im Jahr zuvor der jetzt verhaftete Starhemberg noch österreichischer Innenminister war. Gerüchteweise wurde kolportiert, daß die prominenten Häftlinge bei ihrem Spaziergang im Linzer Gefängnishof fotografiert wurden und das Foto später von der Heimwehrzu Propagandazwecken auch verbreitet wurde;doch ist bis jetzt kein Abzug dieses Fotos aufgetaucht. All das geschah, nachdem die Landtagswahlen für die beiden Großparteien sehr erfolgreich verlaufen waren,nachdem der Freund Hausers,Dr.JosefSchlegel, nach
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