204 Politik und Alitag der Eisenwurzen Heimwehr - Heimat - Heimatschutz von Harry Slapnicka Als der Erste Weltkrieg im Spätherbst 1918 zu Ende ging, wußten vor allem die an der Front stehenden Soldaten nicht, wie sie die Heimat vorfinden würden. Es gab bei Heimmärschen wilde Gerüchte, und der Empfang in der „Zerstreuungsstation" am Linzer Hauptbahnhof war entsprechend. Hier hatten Soldatenräte das Heft in die Hand genommen und versuchten bei völlig ungeklärter Befehlsgewalt, vor allem die Soldaten zu entwaffnen. Bei Einzelpersonen war dies möglich, nicht aber, wenn -was meist der Fall war-ganze Gruppen, Reste von Kompanien und Regi ments- oder Divisionsgruppen-Oberösterreicher, die sich am Heimweg getroffen hatten-relativ geschlossen ankamen.Die nahmen sich,vor allem zum Schutz ihrer Häuser und Höfe,vorsichtshalber ihre Waffen mit nach Hause,und die Arbeiterräte vermieden größere Auseinandersetzungen. In dieser Phase des Überganges von der Monarchie zur Republik war vor allem Steyr ein neuralgischer Punkt; waren doch die Steyrer-Werke neben den SkodaWerken in Pilsen (Böhmen) und neben den Betrieben im Raum Wiener Neustadt die wichtigsten Waffenschmieden während des Ersten Weltkrieges. Aber hier war schon manche explosive Luft abgeblasen worden, etwa als bei Hungerdemonstrationen die hier eingesetzten Soldaten feststellen mußten, daß sie verpflegsmäßig schlechter gestellt waren als die Waffenfabriksarbeiter und daß die demonstrierenden Frauen den Soldaten zum Teil ihr eigenes Brot schenkten. Die bäuerliche Umgebung von Steyr war auch mitentscheidend, daß die kaum leichtere Nachkriegszeit eher bewältigt werden konnte als die spätere Zeit der großen Arbeitslosigkeit. Noch einmal gab es in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine blutige Aus schreitung, die ihren Schauplatz in Steyr hatte: Hier forderten Auseinander setzungen zwischen Volkswehr und Gendarmerie zwei Tote; einer davon ein Gendarmerieschüler. An den Plünderungen in Steyr und Gleink beteiligten sich Volkswehrangehörige, gewiß auch Zivilisten in soldatenähnlicher Bekleidung - ähnlich wie schon vorher in Linz. Und im Amtsbefehl Nr. 31 vom 19. April 1919 des Staatsamtes für Heerwesen heißt es nach einem bescheidenen Hinweis auf das „nicht korrekte Verhalten der Volkswehr":„Sicherheitskörper ist in erster Linie die Gendarmerie und kommen für den Sicherheitsdienst erst dann Militärs in Betracht, wenn solche durch die politischen Behörden angesprochen werden." Was war in den Jahren 1918 und 1919, teilweise noch 1920 geschehen? Es gab in Oberösterreich kein Sicherheitsvakuum, es gab ganz im Gegenteil zu viele Sicher heitshüter: Arbeiter- und Soldatenräte, eine im Aufbau befindliche Gendarmerie, nachdem die zahlreichen tschechischen Gendarmen das Land verlassen hatten,und dazu Ansätze einer Heimwehr und des Republikanischen Schutzbundes.
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