Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

Politik und Alltag der Eisenwurzen 193 Eiserne Schlösser beschützen Haus und Heimat. Mein Haus ist mein Schloß. Der Schlüssel versperrt und öffnet. Ihm werden magische Kräfte zugeschrieben. Er ist ein Symbol der Herrschaft. Er verschafft Macht über die Kasse,über den Keller,das Haus,das Gefängnis,die Stadt,er verschafft Zugangzum herrschaftlichen Hof,zur Kirche,zum Himmel. Das Versperren kann durch Pfähle und Markierungen, durch Zäune und Riegel, durch Schlösser und elektronisch gesteuerte Sperren erfolgen: Der Hausfrau gibt die Schlüsselgewalt Macht über die Vorräte, dem Hausherrn über das Haus,dem Bürgermeister oder siegreichen Eroberer über die Stadt,dem Papst und Nachfolger Petri über die Kirche. Als Zeichen der Kammerherren symbolisiert der Schlüssel das Recht auf den jederzeitigen Zutritt zum Herrscher. Der Schlüssel zählt zu den heiligen Dingen als Amulett, als Petrusschlüssel, Hubertusschlüssel, Servatiusschlüssel. Schlüssel erleichtern dem Volksglauben zufolge die Entbindung. Sie wurden in der Volksmedizin zur Bekämpfung der Toll wut,der Fraisen und der Epilepsie eingesetzt und in Wallfahrtsorten als Votivgaben hinterlegt: vom Reiner Gnadenschiüssel, der seit Anfang des 16. jahrhunderts im steirischen Zisterzienserstift Rein am Kirchweihtag an die Gläubigen verteilt wurde, bis hin zum kühlenden Schlüssel,den man beim Nasenbluten Kindern aufs Genick zu legen pflegt. In zahlreichen Märchen,Sagen und Legenden spielt der Schlüssel eine wesentliche Rolle. Als Schlüsselheilige gelten Benno, Genoveva, Servatius, Notburga oder Verena.^ Auch Hufeisen und Nägel schützen das Haus vor bösen Einwirkungen. Nägel pflegte man in die Türschwellen, in Bäume und hölzerne Figuren zu schlagen, um Unheil zu bannen. An das Tor wurden und werden Hufeisen und sonstige spitze Gegenstände genagelt. Ein zufällig gefundenes Hufeisen bringt Gewinn und Glück. Dasselbe gilt für aus zufällig gefundenen Nägeln verfertigte Ringe und vor allem für auf Friedhöfen gefundene Nägel(„Sargnägel"). Das„Nageln" ist eine sehr alte und allgemeine Praktik der Volksmagie, von den benagelten Stöcken und Standbildern bis zu den nietenbeschlagenen Kleidungsstücken und Fetischen der modernen Mode. Nageln kann schützend (festnagelnd) oder schädigend (durch bohrend) verstanden werden: der von Pfeilen durchbohrte Sebastian und der mit Nägeln beschlagene „eiserne" Mann. In den „Stock im Eisen", von dem es nicht nur in Wien,sondern auch in Waidhofen ein bekanntes Beispiel gibt, wurde von wandernden Handwerksgesellen ein Nagel eingeschlagen, als Zeichen der Erinnerung und der Suche nach Schutz und Heimat. Das alte Beschauzeichen der Losensteiner Nagelschmiede,ein Herz,von drei Nägeln durchstoßen,ist nicht nur das Symbol der Leiden Christi und Mariä, sondern auch das Symbol einer mit Schmerz erworbenen und verteidigten Heimat. Eisen schirmt das Heim, ob real als Blechdach und Blitzableiter oder symbolisch als eiserner Wetterhahn oder Florian, als geschmiedetes Turmkreuz oder blecherner Halbmond mit Stern. Das Dach des Innerberger Stadels in Weyer krönen Stern und Halbmond des Garstener Konventwappens,ähnlich wie einst auch Stern und Halbmond an der Spitze des Wiener Stephansdomes, die nach der Türken belagerung von 1683 durch ein Turmkreuz ersetzt wurden, um keine mißver ständliche Verwechslung mit dem Zeichen des türkischen Erzfeindes mehr aufkommen zu lassen.

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