Glauben in der Eisenwurzen 173 oberhalb des Kraxentals. Der Ketzerfriedhof lag im Bereich der heutigen Häuser Steyr, Pyrachstraße 36 und 38, des „Schusterhauses" und der Landwirtschaft „Straßmayr". Die Steyrer Täufergemeinde war jedenfalls zum Großteil zerschlagen, und auch hier kehrte man fast zur Gänzezum Protestantismus zurück. Nach den Exekutionen schickte die Regierung an den Bürgermeister und jene, welche für den Tod gestimmt hatten, ein Dankschreiben ab, weil sie göttlichen und kaiserlichen Gesetzen gemäß geurteilt hätten. Der junge Ferdinand I., der in seinen Entschei dungen von seinen spanischen Beratern abhängig war, wollte der Ketzerei durch Schrecken ein Ende setzen. 1529 wurde auch Johannes Hut in Augsburg gefangen,in einen Turm gesteckt und gefoltert. Nach schweren Mißhandlungen wurde er wie tot liegengelassen. Durch eine Kerze fing das Stroh, auf dem er lag,zu brennen an, und so mußte er hilflos ersticken. Die Leiche wurde später in einem Sessel dem Gericht vorgeführt,zum Tod verurteilt und verbrannt. Vierzig jähre später,im jähr 1568,kamen erneut Wiedertäufer nach Steyr. An ihrer Spitze standen ein Schuhmacher vom Dachsberg bei Sierning und ein Schneider aus Stein, einem Dorf zwischen Steyr und Gleink, wo vor allem die Wiedertäufer aus Mähren wohnten. In Mähren blühten damals zahlreiche Täufergemeinden,die den Regeln des zugewanderten Tirolers jakob Hutter (gestorben 1536) gefolgt waren und deshalb oft Hutterische Brüder oder einfach Hutterer genannt wurden. Diese Wiedertäufer blieben bei ihrer Lehre und wurden deshalb aus Steyr ver wiesen; es wurde ihnen jedoch versprochen, sie wieder aufzunehmen, wenn sie sich bekehren würden. Manche von ihnen gaben in der Folge die Täuferlehre auf. Eng verknüpft mit den Hinrichtungen und Verbrennungen von Wiedertäufern ist die Sage von der Ketzer-Muttergotteszu sehen. Diese Statue befindet sich in einer der sechs Seitenkapellen der ehemaligen Stiftskirche von Garsten. Die Legende erzählt,daß im jähr 1565 „Bilderstürmer" diese Muttergottes,die damals am Ende der sogenannten „Langen Mauer"ihren Platz hatte,vom Postament rissen, mit ihr Hohn und Spott trieben und sie unweit der Kirche flußabwärts auf einer Wiese verbrennen und zerfetzen wollten, was ihnen aber beides nicht gelang. Wütend darüber warfen die Ketzer die Statue in die Enns. Das Bildnis schwamm aber nicht flußabwärts,sondern flußaufwärts zur Kirche,wo sie von Katholiken,die die Szene „mit Abscheu" verfolgt hatten, herausgefischt und in die Kirche gebracht wurde. Beide Begebenheiten sind am unteren Teil des Postaments, auf dem die KetzerMuttergottes im Glasschrein sitzt, in zwei Bildern realistisch dargestellt. Im ersten Bild sind vier Männer eifrig damit beschäftigt, die Statue zu zerhacken und zu verbrennen. Im zweiten Bild ist die alte Kirche von Garsten zu sehen und der Ennsfluß, in dem die Statue flußaufwärts schwimmt. Die angeblich verbrannten und zerhackten Stellen der gotischen Statue sind restauriert und später mit einem neuen Holzmantel verkleidet worden. Hier stimmen auffallend viele Details mit den historischen Fakten überein. Die Bilderstürmergeschichte spielte angeblich im jähr 1565,die letzten WiedertäuferAusweisungen fanden 1568 statt. Auch der „Ketzerfriedhof" liegt,von der Garstener Stiftskirche aus gesehen, ennsabwärts. Die Waldenser und Wiedertäufer wurden zuerst mit dem Beil getötet und dann verbrannt. Unter den Opfern befanden sich
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