1/0 Glauben in der Eisenwurzen Zucht und Sitte unausbleiblich zur Folge gehabt hätte." Die Gefahr,in der sich die Kirche durch die Waldenser befand, wäre weit größer als die Bedrohung der Christenheit durch den Islam. Denn die Muslime wären „Fremde und der Widerstand gegen dieselben von der Religion und dem Nationalgefühle gemeinsam geboten,jetzt aber im ii. und 12. Jahrhunderte (stand) das National gefühl im Bunde mit dem Irrtume." Eine andere Bewertung bietet naturgemäß der protestantische Flistoriker Flaupt (1890): „Wie wenig freilich die Inquisition mit solchen Mitteln den Geist der Empörung gegen das kirchliche Regiment zu bezwingen vermochte, zeigt der leichte und allgemeine Sieg, welchen die Lutherische Reformation gerade in den österreichischen Flerzogtümern errungen hat. Wir erinnern uns nur daran, daß schon 1525 die Mehrheit des oberösterreichischen Landtages sich für die reformatorischen Bestrebungen erklärte, und daß bei deren Durchsetzung die Bevölkerung von Steyr und seiner nächsten Umgebung wieder in erster Linie beteiligt war. Und zu Ende des 16. Jahrhunderts sind dieselben oberösterreichi schen Bezirke, welche im 13. und 14. Jahrhundert die Aufstände der verfolgten Bauern gesehen hatten, abermals der Schauplatz jener erbitterten Kämpfe geworden, in welchen die protestantische Landbevölkerung gegenüber den Gewaltmaßregeln der Gegenreformation für ihren Glauben eingestanden ist." In den zwanziger Jahren benützten die Freidenker die Ketzertraditionen von Steyr, um sich selbst in diese geschichtliche Kontinuität zu stellen. Erst in diesem Jahrzeht am Ende des 20. Jahrhunderts werden konkrete Schritte gesetzt,um die Waldensergeschichte in Steyr aus dem Vergessen hervorzuholen und positiv zu würdigen.Wippersberg(1990)etwa geht in seinem Bildband auch auf die sozialen Mißstände der Zeit als Ursachen für die Entstehung der waldensischen Gemeinschaften ein. Die evangelische Pfarrgemeinde und die Friedenswerkstatt Steyr luden den Dekan der Waldenserfakultät in Rom,Prof. Paolo Ricca,zu einem Vortrag ein, um mehr über das heutige Leben dieser Kirche zu erfahren. In der prominenten Vortragsreihe der „Evangelischen Woche Wien"wurde diesem Thema 1996 überregionale Aufmerksamkeit zuteil. Im Rahmen des Garstener Berthold festes 1997 bezeichnete der Bischof von Linz, Maximilian Aichern, die Waldenser als „Märtyrer ihres christlichen Glaubens". Fleute hätte man gelernt,daß „verschiedenelraditionen und Auffassungen keine Trennung bedeuten müssen,sondern eine gegenseitig bereichernde Vielfalt möglich sei." Zum 600. Jahrestag der Ketzer verbrennungen von 1397 ermöglichte 1997 eine private Stiftung die Errichtung eines „Mahnmals gegen Flaß und Intoleranz" bei der Volksschule Berggasse. Der Gedenkstein wurde vom Steyrer Künstler Gerald Brandstätter gehauen. LITERATUR Haupt, Herman:Waidenserthum und Inquisition im südöstlichen Deutschland bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts; 1. Teil, in; Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Ii, Freiburg im Breisgau 1889, 285-330 Haupt, Herman:Waidenserthum und Inquisition im südöstlichen Deutschland bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts; 2. Teil, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft I i i, Freiburg im Breisgau 1890,337-411 Himmelbauer, Markus: Waldenser in Österreich, in: Amt und Gemeinde, hrsg. vom Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich,49. Jg., 6/1996,80-88 Moinär,Amadeo: Die Waldenser. Geschichte und europäisches Ausmaß einer Ketzer bewegung. Freiburg i. Br., Basel, Wien 1993, 117,174-236 Patschovsky, Alexander: Der Passauer Anonymus. Ein Sammelwerk über Ketzer, Juden, Antichrist aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Schriften der Monumenta Germaniae 22. Stuttgart 1968 Schneider, Martin: Europäisches Waidensertum. Berlin, New York 1981, 103-130 Segl, Peter: Ketzer in Österreich. Untersuchungen über Häresie und Inquisition im Herzogtum Österreich im 13. und beginnenden 14. Jahrhundert. Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte. Neue Folge, Heft 5,1984 Tourn, Giorgio: Geschichte der WaidenserKirche. Die einzigartige Geschichte einer Voikskirche von 1170 bis zur Gegenwart. Erlangen 1983,2. Auflage
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