Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

Glauben in der Eisenwurzen 169 Jahre später, sagte die Greisin dem Pfarrer von Garsten, der sie durch Eid verpflichten sollte,dem katholischen Glauben treu zu bleiben,frei heraus,daß sie der damalige Widerruf reute. Auch glaube sie nicht an die Fürbitte der Fleiligen: Wäre denn der Knecht stärker als der Herr? Das Urteil lautete für alle vier auf Auslieferung an das weltliche Gericht, das wohl in sämtlichen Fällen aufTod auf dem Scheiterhaufen erkannt haben wird. In und um Steyr bedeutete dieses Feuergericht das Ende des waldensischen Aufbruchs. In Wien, in Böhmen und Mähren finden sich jedoch Nachrichten bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. In einigen abgelegenen Seitentälern Piemonts konnten waldensische Gemeinschaften ihren Glauben bis in unsere Tage bewahren. Im 16. Jahrhundert schlössen sie sich der Genfer Reformation an und sind heute führendes Mitglied im Bund der Evangelischen Kirchen Italiens. Durch Auswanderung wurden zu Beginn dieses Jahrhunderts Gemeinden in Uruguay gegründet. Wirkungsgeschichte Es lohnt einen Blick in die Chroniken, wie die Geschichte der Waldenser bis in unsere Tage überliefert und beurteilt worden ist. Es ist interessant zu sehen, wie eng eine Beurteilung geschichtlicher Fakten mit eigenen Vorurteilen Hand in Hand geht. Das große Geschichtsbuch von Pritz (1837) weiß zu berichten, daß die Waldenser „in nächtlichen Versammlungen groben Unfung" trieben. Mit einigen Sätzen charakterisiert er ihre „irrige Lehre" und zieht daraus den Schluß,„daß sie in vieler Hinsicht nur die Vorfahren der späteren Protestanten waren". In den meisten Geschichtswerken von Steyr wird das Jahr der großen Ketzer verbrennungen 1397 erwähnt, bisweilen auch die Inquisition von 1311 und der Name des Inquisitors. Neben diesen Daten enthalten die Chroniken auch offen sichtliche Wertungen.So teilt Ofner(1956) mit,die „Sekte hätte ,überhand'genom men",aus der Inquisition werden harmlose „Untersuchungen",aus Terror, Folter und Hinrichtung Andersdenkender wird eine „Zuführung der Schuldigen an das weltliche Gericht", das jene „mit dem Feuertod bestraft". Ein Fremdenführer von 1884 entrüstet sich, daß die Volkssage das „hochinteres sante bauliche Juwel des Stadtplatzes",das Gasthauszum Goldenen Löwen-heute unter dem Namen Bummerlhaus bekannt-„ganz ohne Grund ein protestantisches Bethaus"sein läßt. Neuere Publikationen weisen ohne abfällige Bemerkung aufdie waldensische Vorgeschichte dieses Gebäudes hin, erwähnen aber nichts über den gedanklichen Hintergrund dieser Bewegung. 1872 spricht der katholische Kirchenhistoriker Frieß einer Erneuerung der Kirche angesichts von Veräußerlichung und Reichtum durchaus eine gewisse Berechtigung nicht ab. Doch „wuchs diese Bewegung rasch zu einer Opposition heran, die alle Schranken der Mäßigung und Billigkeit überschritt und endlich so weit sich verirrte, daß sie selbst die göttlichen Grundlagen des Christentums negierte. Dazu kam noch,daß sie sich mit Ideen verschwisterte,deren ungestörtes Umsichgreifen nicht nur den gänzlichen Ruin der Kirche,sondern den Verfall jeder

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